Tankstellenbetrug und anschließender Überfall auf den Tankstellenmitarbeiter

Der Bundesgerichtshof (BGH) setzte sich in seinem Beschluss (5 StR 318/22) vom 08. November 2022 mit dem folgenden Sachverhalt auseinander: Nach den Feststellungen des Landgerichts Itzehoe fuhr der Angeklagte an einem Abend im Jahr 2019 gemeinsam mit den zwei gesondert Verfolgten an eine Autobahntankstelle. Sie hatten verabredet, den Pkw zu betanken, ohne den Kraftstoff zu bezahlen, und die Tankstelle unter Verwendung eines Messers zu überfallen. Der Angeklagte ließ die beiden gesondert Verfolgten im Bereich der Toiletten aussteigen. Danach fuhr er zu einer nur wenige Meter entfernten Zapfsäule und tankte um 20:00 Uhr für 56,24 €, wobei er den Kopf gesenkt...

(Konkludente) Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben im Sinne von § 249 StGB

Der Raub (§ 249 StGB) beschäftigt die Gerichte regelmäßig. Der § 249 Abs. 1 StGB lautet wie folgt:  „(1) Wer mit Gewalt gegen eine Person oder unter Anwendung von Drohungen mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben eine fremde bewegliche Sache einem anderen in der Absicht wegnimmt, die Sache sich oder einem Dritten rechtswidrig zuzueignen, wird mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr bestraft.“ Wann eine konkludente Drohung dazu geeignet ist, den Tatbestand des Raubes zu erfüllen, geht dem Wortlaut nicht hervor und beschäftigt die Strafgerichte regelmäßig. Auch der Bundesgerichtshof (BGH) hat sich in einem aktuellen Beschluss (5 StR 403/24) vom...

Zur relativen Fahruntüchtigkeit

Die Straßenverkehrsdelikte (§§ 315 ff. StGB) beschäftigen sowohl Praktiker als auch Studierende immer wieder. Auch der Bundesgerichtshof beschäftigte sich jüngst in seinem Beschluss (4 StR 526/24) vom 26. Februar 2025 mit den Straßenverkehrsdelikten, konkret mit dem Tatbestandsmerkmal der relativen Fahruntüchtigkeit. Folgender Sachverhalt lag dem Beschluss zugrunde: Nach den Feststellungen des Landgerichts Münster befuhr der Angeklagte, der am Abend Alkohol getrunken und höchstens zwei Tage zuvor Marihuana konsumiert hatte, mit seinem Pkw nachts eine Landstraße. Er wies eine Blutalkoholkonzentration von mindestens 0,72 Promille und höchstens 1,35 Promille auf, außerdem enthielt sein Blut mindestens 1,6 ng/ml THC. In einer Rechtskurve, in der...

Zur Annahme des bedingten Tötungsvorsatzes

Gemäß § 15 StGB ist nur vorsätzliches Handeln strafbar, wenn nicht das Gesetz fahrlässiges Handeln ausdrücklich mit Strafe bedroht. Die Annahme von einem vorsätzlichen Handeln kann in der Praxis eine weitreichende Folge für den Angeklagten mit sich bringen.  In seinem Beschluss (6 StR 340/24) vom 05. September 2024 beschäftigte sich der Bundesgerichtshofs (BGH) mit der Annahme des bedingten Tötungsvorsatzes. Dem Beschluss lag folgender Sachverhalt zugrunde: Dem Angeklagten wurde mit Anklageschrift zur Last gelegt, im November 2013 die Nacht mit den Zeugen Z und Ny und dem später Geschädigten gemeinsam in der im zweiten Obergeschoss gelegenen Wohnung des Zeugen NY verbracht...

Zur Handlungsvariante des teilweisen Zerstörens durch Brandlegung (§ 306 Abs. 1 Alt. 2 StGB)

Die Brandstiftungsdelikte (§§ 306 ff. StGB) begegnen einem sowohl in strafrechtlichen Klausuren als auch in der Praxis. Der Bundesgerichtshof (BGH) musste sich jüngst in seinem Beschluss vom 07. Mai 2024 (4 StR 85/24) mit der Handlungsvariante des teilweisen Zerstörens durch Brandlegung und den Anforderungen im Hinblick auf die subjektive Tatseite beschäftigen. Dem Beschluss lag folgender Sachverhalt zugrunde: Der Angeklagte setzte einen aus Holzplatten bestehenden und mit Verpackungsmaterialien – Papier und Pappkartons – gefüllten Kasten, der unmittelbar neben den Schaufenstern eines Lebensmittelgeschäfts aufgestellt war und in dessen Nähe er eine Co2-Patrone deponiert hatte, in Brand, indem er mit einem Feuerzeug die...

Tödliches Überholmanöver? Wie ein Strafverteidiger die Verurteilung eines Traktorfahrers wegen fahrlässiger Tötung verhindern konnte

Die Strafverteidigung spielt in einem rechtsstaatlichen Verfahren eine große Rolle. In Deutschland hat daher jeder Beschuldigte gemäß § 137 Strafprozessordnung (StPO) das Recht, sich in jeder Lage des Verfahrens der Hilfe eines Rechtsanwalts als Verteidiger zu bedienen. Dieser Verteidiger kann dann z.B. Einsicht in die Ermittlungsakte nehmen, schriftliche Einlassungen an die Staatsanwaltschaft oder das Gericht übersenden, Beweisanträge stellen und sich in einer Hauptverhandlung für den Beschuldigten einsetzen.  Wie wichtig die Beteiligung eines Strafverteidigers an einem Strafverfahren sein kann, zeigt ein Urteil des Amtsgerichts Segeberg vom 27. Juni 2024 (Az.: 40 Ds563 Js 56620/22). In dem Verfahren ging es um einen...

Ist der gemeinsame Angriff auf zwei Transportfahrer immer gleich eine gemeinschaftlich begangene Körperverletzung im Sinne von § 224 Abs. 1 Nr. 4 StGB?

Gemäß § 224 Abs. 1 Nr. 4 StGB wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren bestraft, wer die Körperverletzung mit einem anderen Beteiligten gemeinschaftlich begeht. Jüngst musste sich der Bundesgerichtshof (BGH) mit der Frage beschäftigen, ob eine gemeinschaftliche Körperverletzung vorlag. Der Entscheidung vom 31. Juli 2024 (2 StR 44/24) lag folgender Sachverhalt zugrunde: Der gesondert Verfolgte L hatte Informationen über eine Firma, die Warentransporte mit dem Schwerpunkt Schmuckwaren durchführte, erhalten. Er fasste den Entschluss, die Fahrer eines solchen Warentransporters beim Entladen des Transportfahrzeugs mit Schusswaffen zu überfallen, um die transportierten Schmuckteile und Edelmetalle zu entwenden und anschließend...