4 Jahre Jugendstrafe – zu hart?
Die härteste Sanktion im Jugendstrafrecht ist die Jugendstrafe nach § 17 JGG. Diese kann nach § 17 Abs. 2 JGG nur verhängt werden, wenn eine schädliche Neigung vorliegt oder wenn die Schwere der Schuld festgestellt wird. Zudem ist die Jugendstrafe nach § 18 Abs. 2 JGG so zu bemessen, dass die erforderliche erzieherische Einwirkung möglich ist.
Auch der Bundesgerichtshof (4 StR 177/22) musste sich in seinem Beschluss vom 21. Juli 2022 mit dieser erzieherischen Einwirkung nach § 18 Abs. 2 JGG auseinandersetzen. Der Angeklagte im hiesigen Fall war zur Tatzeit 19 Jahre alt, als er im Rahmen eines Streits um ein Mobiltelefon den Geschädigten mit einem Messer in die Schulter und anschließend dreimal in den Rücken stach. Das Landgericht Hagen verurteilte ihn dafür zu einer Jugendstrafe von vier Jahren, gegen die der Angeklagte in Revision ging.
Nach Auffassung des Bundesgerichtshofes hält der Strafausspruch rechtlicher Nachprüfung jedoch stand. Dazu führt der Bundesgerichtshof aus, dass die Bemessung der zu Recht auf die Schwere der Schuld gestützte Jugendstrafe den Erfordernissen von § 18 Abs. 2 JGG in Verbindung mit § 105 Abs. 1 JGG genügt.
Demnach erfordert die Bemessung der Jugendstrafe, dass das Gewicht des Tatunrechts gegen die Folgen der Strafe für die weitere Entwicklung des Heranwachsenden abgewogen wird. Der maßgebliche Anknüpfungspunkt dafür ist die innere Tatseite. Vorliegend hat das Landgericht ausdrücklich mehrfach auf die erforderliche erzieherische Einwirkung abgestellt und einerseits Umstände, die den Erziehungsbedarf bestimmen, sowie die Auswirkungen der Tat mit einbezogen. Als Umstände, die den Erziehungsbedarf bestimmen, wurden unter anderem die Unbestraftheit des Angeklagten, der frühe Tod des Vaters sowie die Kriegsverhältnisse in seinem Heimatland berücksichtigt. Schließlich hat das Landgericht alle Umstände der Tat miteinander abgewogen. Damit hat das Landgericht den Erfordernissen des § 18 Abs. 2 JGG in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise Rechnung getragen.
Rechtsanwalt Steffen Dietrich, Strafverteidiger aus Berlin-Kreuzberg