Abgrenzung: Das „Stealthing“ – Kondom heimlich weggelassen
Der Sexuelle Übergriff ist im § 177 Abs. 1 StGB geregelt:
„Wer gegen den erkennbaren Willen einer anderen Person sexuelle Handlungen an dieser Person vornimmt oder von ihr vornehmen lässt oder diese Person zur Vornahme oder Duldung sexueller Handlungen an oder von einem Dritten bestimmt, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.“
Mit der Frage, ob das sogenannte „Stealthing“ nach dem § 177 Abs. 1 StGB strafbar ist, musste sich der Bundesgerichtshof (3 StR 372/22) in seinem Beschluss vom 13. Dezember 2022 beschäftigen. Beim Stealthing wird das Benutzen eines Kondoms vorgetäuscht.
Auch der Angeklagte im hiesigen Fall täuschte das Tragen eines Kondoms vor. Er und die Geschädigte wollten einvernehmlichen Geschlechtsverkehr haben, als der Angeklagte zur Kommode ging und sichtbar ein Kondom herausholte und die Packung öffnete. Dieses zog er jedoch nicht auf, sondern tat lediglich so. Als die Geschädigte das später während des Geschlechtsverkehrs bemerkte, verließ sie die Wohnung.
Vom Landgericht Düsseldorf wurde der Angeklagte wegen sexuellen Übergriffs nach § 177 Abs. 1 StGB verurteilt. Nach Auffassung des Bundesgerichtshofes hat die Strafkammer das Geschehen zutreffend als sexuellen Übergriff gewertet.
Dabei führt er aus, dass es nicht entscheidend ist, ob ein Einverständnis mit anderen sexuellen Handlungen besteht. Geschlechtsverkehr unter Nutzung eines Kondoms und der ohne stellen demnach unterschiedliche sexuelle Handlungen dar und es kommt darauf an, ob die konkret vorgenommene Handlung dem maßgeblichen Willen zuwiderläuft.
Die Geschädigte lehnte in der konkreten Situation den ungeschützten Geschlechtsverkehr ab und ging auch davon aus, dass der Angeklagte das hervorgeholte Kondom benutzte. Das war für den Angeklagten erkennbar, sodass den getroffenen Feststellungen die Tatbestandsmerkmale des § 177 Abs. 1 StGB entnommen werden können.
Rechtsanwalt Steffen Dietrich, Strafverteidiger aus Berlin-Kreuzberg