Amtsanmaßung – ein eigenhändiges Delikt?
Im Strafrecht wird zwischen eigenhändigen und solchen Delikten unterschieden, die auch gemeinschaftlich begangen werden können. Eigenhändige liegen vor, wenn der Täter nur durch sein eigenes Handeln persönlich den Tatbestand erfüllen kann. Zur Abgrenzung wird insbesondere darauf abgestellt, ob das maßgebliche Unrecht in der Gefährdung des Rechtsguts oder in dem eigentlichen verwerflichen Tun liegt.
In seinem Urteil – BGH 5 StR 37/20 – vom 14.04.2020 stellte der BGH fest, dass die Amtsanmaßung gem. § 132 StGB kein eigenhändiges Delikt ist, sondern auch in Mittäterschaft begangen werden kann.
Der Angeklagte war Mitglied einer Tätergruppe, die sich als Polizeibeamten ausgaben, um so Betrugstaten zum Nachteil von älteren Menschen zu begehen. Mitglieder der Tätergruppe riefen die Opfer mit einer 110 – Nummer ein, sodass sie den Eindruck erweckten, der Anruf käme von der Polizei. Sie behaupteten gegenüber der angerufenen Person, aufgrund eines bevorstehenden Einbruchs sei es sicherer, wenn sie ihre Wertsachen außerhalb ihrer Wohnung platzierten, damit die Polizei diese sicherstellen könne. Die Aufgabe des Angeklagten bestand darin, die Wertsachen abzuholen, dafür erhielt er ein Drittel der Beute.
Amtsanmaßung liegt vor, wenn eine Person als Inhaber eines öffentlichen Amtes auftritt und eine Handlung vornimmt, die den Anschein hoheitlichen Handelns erweckt. Der Angeklagte hat selbst keine Anrufe vorgenommen, in denen er sich als Polizist ausgab. Vorliegend hatte das Gericht also zu entscheiden, ob ihm das Handeln der Anrufer nach den Grundsätzen der Mittäterschaft zugerechnet werden musste, oder ob die Amtsanmaßung ein eigenhändiges Delikt ist. Hier liegt das Unrecht darin, dass der Schein amtlichen Handelns für Tätigkeiten erweckt wurde, die tatsächlich nicht unter Kontrolle staatlicher Organe vorgenommen wurden. Der Tatbestand beschreibt also Handlungen, mit denen die abstrakte Gefährdung des Bürgervertrauens in die legitime Staatsmacht einhergeht.
Aufgrund dieser Ausführungen urteilte das Gericht, dass die Amtsanmaßung kein eigenhändiges Delikt ist.
Auch unter Berücksichtigung der für die Mittäterschaft maßgeblichen Kriterien, wie dem eigenen Interesse an der Tat, dem Umfang der Tatbeteiligung und wenigstens dem Willen zur Tatherrschaft, stellte das Gericht schließlich fest, dass die Anrufe der Bandenmitglieder dem Angeklagten zuzurechnen sind. Denn ohne seinen Tatbeitrag, hätte die Legende der polizeilichen Sicherstellung nicht standgehalten.
Der Angeklagte hat sich mithin wegen Amtsanmaßung in Mittäterschaft strafbar gemacht.
Rechtsanwalt Steffen Dietrich, Strafverteidiger aus Berlin-Kreuzberg