Bei der räuberischen Erpressung muss zwischen dem Einsatz des Nötigungsmittels und dem erlangten Vorteil ein Finalzusammenhang bestehen
Gemäß § 255 StGB macht sich wegen räuberischer Erpressung strafbar, wer die Erpressung durch Gewalt gegen eine Person oder unter Anwendung von Drohungen mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben begeht.
Wichtig ist, dass zwischen dem Einsatz des Nötigungsmittels (Gewalt oder Drohung) ein sog. finaler Zusammenhang besteht. Der Einsatz des Nötigungsmittels muss aus Sicht des Täters demnach objektiv erforderlich oder kausal für die Erlangung des erstrebten Vorteils sein.
Dies betonte auch der Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung vom 27. März 2019 (2 StR 465/18) noch einmal.
Der Entscheidung lag ein Fall zugrunde, in dem die zwei Angeklagten über Marihuana verfügten, welches sie gewinnbringend an den 16-jährigen Geschädigten veräußerten. Nach Angaben des Geschädigten wurde dieser durch zwei unbekannte Personen dazu gezwungen, diesen seinen Rauschgiftvorrat und seine Rauschgifterlöse zu überlassen. Als der Geschädigte die zwei Angeklagten über diesen Vorfall informierte, machten sich diese mit dem Geschädigten auf die Suche nach den Tätern. Nach erfolgloser Suche bezweifelten die Angeklagten aber einen Überfall auf den Geschädigten und glaubten, dass dieser sie lediglich täuschen wollte. Bei einem Zwischenhalt schlug einer der beiden Angeklagten dem Geschädigten ins Gesicht, um ihn entweder zur Begleichung der noch offenen Forderung oder zu wahrheitsgemäßen Angaben zum Verbleib des Rauschgifts zu bewegen. Es ließ sich nicht feststellen, welcher der beiden Angeklagten geschlagen hat. Beide Angeklagten nutzten danach jedoch die von der Verletzungshandlung ausgehende und fortwirkende Bedrohungswirkung – die Drohung mit weiteren Schlägen – dazu aus, den Geschädigten dazu zu motivieren, sich Geld zu beschaffen, um es ihnen als Ausgleich zu übergeben. In dem Bemühen, sich Geld zu beschaffen, ließ sich der Geschädigte zu einer Bekannten fahren, um sich Geld zu leihen. Nach kurzer Zeit trafen Polizeibeamten ein, nahmen die Personalien der beiden Angeklagten auf und erteilten ihnen einen Platzverweis.
Das Landgericht Aachen hatte die Angeklagten daher wegen versuchter Nötigung verurteilt. Dies sah der Bundesgerichtshof jedoch nicht so.
Die räuberische Erpressung gemäß § 255 StGB erfordere einen finalen Zusammenhang zwischen dem Nötigungsmittel und der von dem Opfer vorzunehmenden vermögensschädigenden Handlung. Zwar genüge eine konkludente Drohung, jedoch enthalte das bloße Ausnutzen der Angst des Opfers vor erneuter Gewaltanwendung für sich genommen noch keine Drohung. Erforderlich sei hierfür vielmehr, dass der Täter die Gefahr für Leib und Leben deutlich in Aussicht stellt, sie also durch ein bestimmtes Verhalten genügend erkennbar macht und aktualisiert aufrechterhält.
Letzteres sei vorliegend der Fall gewesen, da beide Angeklagte im Anschluss an den Faustschlag die hierdurch konkludent bewirkte Bedrohung des Geschädigten in gewolltem Zusammenwirken aufrechterhalten und ausgenutzt haben, um diesen zur Beschaffung von Geld zu motivieren.
Damit läge für beide Angeklagt eine versuchte räuberische Erpressung vor, weshalb der Bundesgerichtshof die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung zurückverwies.
Rechtsanwalt Steffen Dietrich, Strafverteidiger aus Berlin