Kategorie: Urteil- und Entscheidungsbesprechung

Panik wegen eines Drogentransports – Gefährdung des Straßenverkehrs

„Wer im Straßenverkehr grob verkehrswidrig und rücksichtslos die Vorfahrt nicht beachtet, und dadurch Leib oder Leben eines anderen Menschen oder fremde Sachen von bedeutsamen Wert gefährdet, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.“ Der § 315c StGB regelt die Gefährdung des Straßenverkehrs und enthält neben dieser Variante (§ 315c Abs. 1 Nr. 2 a) StGB noch weitere Alternativen, nach der eine Gefährdung des Straßenverkehrs in Frage kommt. Der Bundesgerichtshof (4 StR 377/22) hat sich in seinem Beschluss vom 20. Dezember 2022 mit der oben genannten Variante auseinandergesetzt. Im hiesigen Sachverhalt transportiere der Angeklagte im Auftrag eines...

Einziehung von Macheten und Messern – Bewaffnetes Handeltreiben mit Betäubungsmitteln

„Gegenstände, die durch eine vorsätzliche Tat hervorgebracht (Tatprodukte) oder zu ihrer Begehung oder Vorbereitung gebraucht worden oder bestimmt gewesen sind (Tatmittel), können eingezogen werden.“ (§ 74 Abs. 1 StGB) So auch im vorliegenden Fall: Der Angeklagte wurde vom Landgericht Berlin wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln zu einer Freiheitsstrafe von 2 Jahren und 8 Monaten verurteilt und traf eine Einziehungsentscheidung. In seinem Beschluss vom 4. Januar 2023 stellt der Bundesgerichtshof (5 StR 393/22) jedoch fest, dass sich die getroffene Einziehungsentscheidung teilweise als rechtsfehlerhaft erweist. Zum einen wurden Betäubungsmittel nach § 33 BtMG rechtsfehlerhaft eingezogen. Außerdem wurden nach § 74 Abs. 1...

Den eigenen Strafverteidiger angezeigt: Wechsel des Pflichtverteidigers

Nach den abgeschlossenen Strafrechtsvorlesungen im Studium begegnet einem das Strafprozessrecht, welches in der Praxis eines Strafrechtsanwalts von hoher Relevanz ist. Die Strafprozessordnung (StPO) regelt die Vorschriften für die Durchführung eines Strafverfahrens und enthält Bestimmungen für das Hauptverfahren, aber auch bereits für das Ermittlungsverfahren. Auch zur Pflichtverteidigung im Strafverfahren enthält die StPO Vorschriften. Ein Pflichtverteidiger wird einem Beschuldigten in den Fällen der notwendigen Verteidigung nach § 140 StPO beigeordnet, womit die Verfahrensrechte des Beschuldigten gewahrt werden sollen. Zu den Fällen der notwendigen Verteidigung gem. § 140 StPO zählen unter anderem, die Anschuldigung eines Verbrechens (Nr. 2) oder wenn das Verfahren zu...

Küssen eines Jungen: Sexueller Missbrauch von Kindern nach § 176 StGB

Im dreizehnten Abschnitt des Strafgesetzbuches (StGB) sind Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung geregelt. Auch der sexuelle Missbrauch von Kindern ist im § 176 Abs. 1 StGB normiert und wird mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr bestraft. Diesem liegen drei Alternativen zugrunde: Die erste Alternative, nach dem bestraft wird, wer sexuelle Handlungen an einer Person unter vierzehn Jahren vornimmt oder an sich von einem Kind vornehmen lässt. Nach der zweiten Alternative hat sich derjenige strafbar gemacht, der ein Kind dazu bestimmt, dass es sexuelle Handlungen an einer dritten Person vornimmt oder von einer dritten Person an sich vornehmen lässt. Nach der...

Tödlicher Angriff auf den Rosenmontagszug: Mordmerkmal des gemeingefährlichen Mittels

Mörder ist, wer einen Menschen tötet und dabei ein Mordmerkmal verwirklicht (§ 211 StGB). Eines der Mordmerkmale ist das des gemeingefährlichen Mittels. Darunter werden solche verstanden, die geeignet sind, in der konkreten Tatsituation eine unbestimmte Mehrzahl von Menschen an Leib und Leben zu gefährden und deren Wirkungsweise der Täter nicht sicher beherrschen kann. In seinem Beschluss vom 10. November 2022 musste sich der Bundesgerichtshof (4 StR 192/22) mit dem Mordmerkmal der Tötung mit einem gemeingefährlichen Mittel beschäftigen und dieses von der Mehrfachtötung abgrenzen. Der Angeklagte im hiesigen Fall fuhr mit seinem Auto mit erhöhter Geschwindigkeit in die Menschenmenge des Rosenmontagszugs,...

Familiendrama – Totschlag oder Mord?

Die schwersten Straftaten im Strafgesetzbuch (StGB) stellen Mord (§ 211 StGB) und Totschlag in besonders schweren Fällen (§ 212 Abs. 2 StGB) dar. Für die Bestimmung, ob es sich um Mord oder Totschlag handelt, kommt es auf die Mordmerkmale an. Daher gehört das Verständnis der Mordmerkmale zum Grundlagenwissen für angehende Juristen dazu. Zu den Mordmerkmalen gehören unter anderem das Mordmerkmal der Heimtücke und das der niedrigen Beweggründe. In seinem Beschluss vom 25. Januar 2023 musste sich der Bundesgerichtshof (6 StR 163/22) mit diesen in Bezugnahme auf den Grundsatz der freien richterlichen Beweiswürdigung nach § 261 StPO beschäftigen. Dieser legt fest,...

Tödliche Trennung – Mord aus niedrigen Beweggründen

Wer einen Menschen aus niedrigen Beweggründen tötet, macht sich des Mordes nach § 211 StGB strafbar. Dieser Paragraph regelt den Mord und normiert zudem die verschiedenen Mordmerkmale. Doch was unter niedrigen Beweggründen zu verstehen ist, erklärt er nicht. Niedrige Beweggründe sind solche, die sittlich auf tiefster Stufe stehen, durch hemmungslose, triebhafte Eigensucht bestimmt sind und deshalb besonders verwerflich und verachtenswert sind. Die Motive müssen demnach menschlich nicht verständlich und Ausdruck der niedrigen Gesinnung sein. In seinem Beschluss vom 6. Dezember 2022 hat sich der Bundesgerichtshof (5 StR 479/22) mit der Frage beschäftigt, ob im hiesigen Fall das Mordmerkmal der niedrigen...