Kategorie: Rolle im Strafprozess

Die gefahrgeneigte Tätigkeit eines Rechtanwaltes am Amtsgericht Tiergarten

Was sind die Gefahren, die einem Rechtsanwalt drohen? Bisher dachte ich, dass man sich an manchen schweren Akten verheben könnte. Letzten Freitag änderte sich aber meine Einstellung. Am frühen Nachmittag suchte ich noch das Gespräch mit einem Richter. Da dessen Dienstzimmer leider weit oben gelegen ist, entschloss ich mich – da mir meine Tasche für die vorgerügte Stunde sehr schwer vorkam – den Fahrstuhl zu nehmen. Fahrstühle im Amtsgericht Tiergarten sind aufgrund ihres fast schon biblischen Alters sehr störanfällig. Nachdem ich den Fahrstuhl betreten und die sich die Türe wieder einmal sehr holprig geschlossen hatte, erblickte ich das folgende Schild....

Sitzstarker Pflichtverteidiger

In einem Strafverfahren in Berlin wegen Diebstahls wurde einem von mir bereits länger vertretenen Mandanten am Bereitschaftsgericht ein Pflichtverteidiger beigeordnet. Unmittelbar nach der Inhaftierung wendete sich der Mandant an mich und bat, dass ich ihn vertrete. Da ich diesen Mandanten bereits länger betreue, wandte ich mich an den beigeordneten Rechtsanwalt und fragte an, ob er mit der Auswechslung als Pflichtverteidiger einverstanden sei. Selbstverständlich sollte der Rechtsanwalt die bereits angefallenen Gebühren abrechnen können. Im Gegensatz zu Kollegen, die häufig strafrechtliche Fälle in Berlin bearbeiten, stimmte der Rechtsanwalt nicht zu und bestand darauf, meinen Mandanten weiterhin zu vertreten. Als Begründung gab er...

Terminverlegung – ein für den Strafverteidiger leidiges Thema

Immer wieder kommt es vor, dass es im Strafverteidigeralltag zu Terminkollisionen in Bezug auf Hauptverhandlungen kommt. Die Praxis der Gerichte im Umgang hiermit ist sehr verschieden. Es gibt Gerichte, die verständnisvoll den Termin verlegen. Andere Gerichte stemmen sich mit Händen und Füßen gegen eine Verlegung. In der Entscheidung des Landgericht Neuruppin 13 Qs 6/12 wurde im Beschwerdeverfahren der vom Amtsgericht Perleberg festgesetzte Termin zur Hauptverhandlung aufgehoben. Das Amtsgericht Perleberg hatte ohne Anhörung meines Mandanten diesem einen Pflichtverteidiger bestellt. Als ich mich dann als Verteidiger beim Amtsgericht Perleberg anzeigte und um Terminverlegung bat, wurde mir mitgeteilt, dass der Termin mit dem...

Ampelfarbenspiele im Herbst

Ein Herbst-Klassiker zum bevorstehenden Wochenende – man ist mit dem Auto samt Familie ins schöne Berliner Umland unterwegs, die Lichtverhältnisse sind eher bescheiden und die Straßen nicht nur vereinzelt mit feuchtem Laub bedeckt. Häufig wird der Verkehr auf den langgezogenen Ausfallstraßen in regelmäßigen Abständen durch Ampeln reguliert, wobei die zulässige Höchstgeschwindigkeit durchaus auf 70-80 km/h steigen kann je näher man der Berliner Landesgrenze kommt. Man nähert man sich also typischerweise einer solchen Lichtzeichenanlage, die im Idealfall sogar noch auf Grün geschaltet ist und hofft inständig, diese möge nicht im nächsten Moment auf Gelb bzw. Rot umspringen bevor man die Kreuzung...

„Ich bin dann mal lieber weg“ – Die Fahrerflucht und ihre strafrechtlichen Konsequenzen

Die folgende Situation dürfte einigen Autofahrern unter uns, wenn auch in abgewandelter Form, bekannt sein: Man befindet sich in einem Moment der Unachtsamkeit und ehe man sich versieht, gibt es einen Knall, der das blöde Gefühl hervorruft, einen Unfall verursacht zu haben. Genauso erging es auch einem Autofahrer, mit dessen Verhalten sich das Landgericht Aurich in dem Verfahren 12 Qs 81/12 zu beschäftigen hatte. Der Beschuldigte fuhr mit seinem Auto an einem Bahnübergang gegen den dortigen Schrankenantrieb und verursachte dadurch einen Sachschaden von ca. 5600 €. An sich ist dies noch kein Sachverhalt, mit dem man sich auf strafrechtlicher Ebene...

Als Schwarzer möchte ich in Berlin nicht S-Bahn fahren

Immer wieder erzählen mir Nicht-Deutsch-Aussehende-Mandanten, dass sie wöchentlich von der Polizei kontrolliert werden. Ausgangspunkt der Kontrollen sei nach Mitteilung meiner Mandanten ihre Hautfarbe. Bloß weil sie nicht so blass aussehen, würden sie regelmäßig von der Polizei auf Bahnhöfen, Straßen und Plätzen kontrolliert. Ähnlich erging es auch einem Deutschen mit dunkler Hautfarbe in einem Zug von Kassel nach Frankfurt am Main. Die Bundespolizei wollte den Bahnfahrer aufgrund seiner schwarzen Hautfarbe kontrollieren. Durch derartige Kontrollen soll nach Auffassung der Bundespolizei die illegale Einreise in das Bundesgebiet unterbunden werden. Der Bahnfahrer beantragte vor dem Verwaltungsgericht die Feststellung, dass die Kontrolle rechtswidrig gewesen ist....

Der Qualifikationstatbestand der besonders schweren Vergewaltigung ist nicht erfüllt, wenn sich der Täter erst nach Abschluss der Gewalthandlung dazu entschließt, den Geschlechtsverkehr mit seinem Opfer durchzuführen

Delikte gegen die sexuelle Selbstbestimmung sind solche Delikte, von denen man als Jurastudent außerhalb des medialen Tagesgeschehens bis zum 1. Staatsexamen noch nie etwas gehört hat. In der der Strafrechtspraxis spielen diese Delikte jedoch eine überaus große Rolle. Sie gehören zu den Fällen, in denen vor Gericht am heftigsten über den Sachverhalt gestritten wird. An einem aktuellen Beschluss vom 29.8.2012 – 4 StR 277/12, in dem sich der Bundesgerichtshof (BGH) mit dem Tatbestand der Vergewaltigung befasst hat, wird wieder einmal deutlich, wie wichtig eine eingehende und präzise Beurteilung des Sachverhaltes ist. Sachverhalt und rechtliche Würdigung des Landgerichts In der von...