Kategorie: Rechtsgebiete Strafrecht

Tatort Autobahn: Der gefährliche Eingriff in den Straßenverkehr nach § 315b StGB

Ein auf die Stirnseite eines nachfolgenden Kraftfahrzeugs abgegebener Schuss kann den Tatbestand des gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr gemäß § 315b Abs. 1 Nr. 3 StGB verwirklichen Mit dem folgenden Fall setzte sich der Bundesgerichtshof am 23. April 2024 (4 StR 87/24) auseinander:  Dem Angeklagten wurde vorgeworfen, eine scharfe Schusswaffe bei sich geführt und der Ehefrau des ebenfalls anwesenden Geschädigten vor ihrem Wohnhaus gewaltsam einen Koffer mit über drei Kilogramm Goldschmuck entrissen zu haben. Anschließend flüchteten der Angeklagte und seine Mittäter mit einem Kraftfahrzeug vom Tatort. Der Geschädigte soll umgehend die Verfolgung mit einem PKW aufgenommen haben, um seinen Goldschmuck zurückzuerlangen....

Die Grenzen des Rücktritts: Versuchter Mord mit einem Hammer

Der Rücktritt, der im § 24 Strafgesetzbuch (StGB) geregelt ist, bietet Tätern die Möglichkeit, von einer bereits begonnenen Straftat abzusehen und unter bestimmten Voraussetzungen einer Bestrafung zu entgehen. Dadurch soll das Verhalten des Täters positiv beeinflusst werden und ihm eine Chance gegeben werden, die mögliche Tat zu überdenken und sich umzuentscheiden. Es wird ein klarer Anreiz gesetzt, von einer kriminellen Handlung abzusehen. Nach § 24 Abs. 1 StGB gestaltet sich der Rücktritt wie folgt:  „Wegen Versuchs wird nicht bestraft, wer freiwillig die weitere Ausführung der Tat aufgibt oder deren Vollendung verhindert. Wird die Tat ohne Zutun des Zurücktretenden nicht vollendet,...

Keine Strafmilderung bei Vergewaltigung einer Prostituierten

Die Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung sind im Strafgesetzbuch (StGB) in den § 174 ff. StGB geregelt. So sind zum Beispiel im § 174 StGB der sexuelle Missbrauch von Schutzbefohlenen und im § 184 StGB die Verbreitung von pornographischen Inhalten geregelt. Ein zentraler Paragraph der Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung ist außerdem der § 177 StGB. Dieser setzt den sexuellen Übergriff, die sexuelle Nötigung und die Vergewaltigung unter Strafe. So heißt es im § 177 Abs. 1 StGB:  „Wer gegen den erkennbaren Willen einer anderen Person sexuelle Handlungen an dieser Person vornimmt oder von ihr vornehmen lässt oder diese Person...

Beim Cannabisanbau aufgrund von Drohungen geholfen – der entschuldigende Notstand gem. § 35 StGB

Neben den Rechtfertigungsgründen sind im Strafrecht auch Entschuldigungsgründe geregelt. Am Ende der Prüfung der Strafbarkeit muss geschaut werden, ob eine Strafbarkeit unter Umständen wegen eines Entschuldigungsgrundes verneint werden muss. Einer dieser Entschuldigungsgründe ist der entschuldigende Notstand gemäß § 35 Strafgesetzbuch (StGB):  „Wer in einer gegenwärtigen, nicht anders abwendbaren Gefahr für Leben, Leib oder Freiheit eine rechtswidrige Tat begeht, um die Gefahr von sich, einem Angehörigen oder einer anderen ihm nahestehenden Person abzuwenden, handelt ohne Schuld.“ Mit dem entschuldigenden Notstand im Zusammenhang mit dem Anbau von Cannabis hat sich der Bundesgerichtshof (3 StR 185/23) in seinem Beschluss vom 14. Dezember 2023...

Denkzettel verpasst: Wegnahme des Handys

Ein spannendes Delikt im Strafrecht ist der Raub, welcher im § 249 StGB geregelt ist. Neben seiner Relevanz in der Praxis wird er auch in Strafrechtsklausuren häufig thematisiert. Dabei ähnelt er in vielerlei Hinsicht dem Diebstahl. Während beide den Aspekt der Wegnahme von fremdem Besitz gemeinsam haben, unterscheiden sie sich aber in der Art und Weise, wie diese Tat begangen wird. Der Diebstahl erfolgt ohne die Anwendung von Gewalt. Für den Raub dagegen wird Gewalt angewandt, beziehungsweise mit dieser gedroht. Was beide dagegen gemeinsam haben, ist die Notwendigkeit einer Zueignungsabsicht. Diese besteht aus zwei Komponenten: der Absicht, sich oder einem...

Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Fristversäumung – Darf auf die üblichen Postlaufzeiten vertraut werden?

Erhält man vom Gericht einen Strafbefehl, kann man innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung Einspruch gegen den Strafbefehl einlegen. Verpasst man diese Frist, wird der Strafbefehl rechtskräftig – er steht einem rechtskräftigen Urteil gleich. Ist die Frist jedoch ohne eigenes Verschulden versäumt worden, besteht unter Umständen die Möglichkeit, einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 44 StPO zu stellen. Ist der Antrag erfolgreich, wird das Verfahren in den Stand zurückgesetzt, in dem es sich befände, wenn die Frist nicht versäumt worden wäre. Doch wann erfolgt eine Fristversäumung „ohne Verschulden“?  Dies war auch Gegenstand des Beschlusses des Landgerichts...

Der Ankauf von gestohlenen Zigaretten – wann beginnt der Versuch bei der Hehlerei? 

Eine Frage, mit der sich das Kammergericht in Berlin im Rahmen seiner Entscheidung vom 5. März 2020 (Az. 161 Ss 190/19 (41/19)) zu befassen hatte.  Hintergrund war der folgende Fall: Der Angeklagte hatte sich gegenüber den Tätern eines Einbruchsdiebstahls dazu bereit erklärt, Zigaretten aus deren Einbruchsdiebstahlstaten anzukaufen, um sie weiterzuverkaufen. Im Einzelnen kam es u.a. zu den folgenden Taten:  „Am Morgen des 16. Juni 2016 bot der gesondert Verurteilte B. [= einer der Täter der Einbruchsdiebstahlstaten] dem Angeklagten zuvor aus dem Geschäft des Geschädigten J. in der F… chaussee  in Berlin entwendete Tabakwaren im Wert von bis zu etwa 18.000 Euro...