Kategorie: Strafprozessrecht

Nachteile der Kronzeugenregelung – Video-Interview im Fluter

Wir sind der Anfrage des Fluter – dem Magazin der Bundeszentrale für Politische Bildung – gern nachgekommen und haben Rechtsanwalt Dietrich Rede und Antwort stehen lassen. Die Fluter-Redakteure wollten wissen, ob sich die Kronzeugenregelung auf denjenigen, der sich auf die Regelung beruft, nur positiv auswirkt. Die klare Antwort: Nein. Auf der Seite des Fluters kommen zu § 31 BtMG aber auch andere zu Wort: Staatsanwalt Hans Albrecht und Sozialpädagogin Viktoria Richter. Aber nicht nur die Videointerviews können wir euch ans Herz legen. Das gesamte Themenheft ist sauber recherchiert. Es geht um – wie könnte es anders sein – Kriminalität Konstantin...

NSU-Reihe: Das Zeugnisverweigerungsrecht aus persönlichen Gründen

Es war der 76. Verhandlungstag im NSU-Prozess vor dem Oberlandesgericht München. Susanne E. sollte vor dem Gericht eine Aussage machen, die sie jedoch verweigerte. Gute Gründe dafür hat sie, und zwar gleich zwei. Zum einen wird gegen sie in einem Nebenverfahren wegen Unterstützung einer terroristischen Vereinigung ermittelt. Sie ist also als Beschuldigte einzustufen und hat daher das Recht, die Aussage zu verweigern. Zum anderen, und darauf konzentriert sich dieser Beitrag, ist sie als Ehefrau des Mitangeklagten Andre E. dazu berechtigt von ihrem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch zu machen. Doch warum sieht unsere Strafprozessordnung (StPO) ein solches Recht aus persönlichen Gründen vor, wo...

Der Deal bleibt erhalten

Am heutigen Tage hat das Bundesverfassungsgericht den strafrechtlichen Deal unter strengen Auflagen laut Bericht von Spiegel online gebilligt. Wie sich im Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht gezeigt hat, werden in der Praxis viele Verfahrensvorschriften nicht eingehalten. Zukünftig soll die Staatsanwaltschaft verpflichtet sein, die Einhaltung der Verfahrensvorschriften zu überwachen. Ich frage mich, ob man gerade der Staatsanwaltschaft ein größeres rechtsstaatliches Verständnis unterstellen kann. Rechtsanwalt Dietrich, Anwalt für Strafrecht aus Berlin

Der Missbrauch von § 154 StPO

Nach § 154 StPO kann ein Ermittlungsverfahren eingestellt werden, wenn die zu erwartende Strafe in Bezug auf die aufgrund einer anderen Tat zu verhängenden Strafe oder bereits verhängten Strafe nicht beträchtlich ins Gewicht fallen würde. Dieser Gesichtspunkt der Verfahrensökonomie wird durch die Strafverfolgungsbehörden regelmäßig missbraucht. Immer dann wenn ein Freispruch erfolgen müsste, nutzen Strafverfolgungsbehörden gerne dieses Notausgang. In einem Verfahren der Staatsanwaltschaft Berlin wurde meinem Mandanten vorgeworfen, zwei Spielhallen überfallen zu haben. Hierbei soll mein Mandant einmal eine Pistole und einmal ein großes Küchenmesser als Drohmittel verwendet haben. Es sollen Geldbeträge von mehreren Tausend Euro erbeutet worden sein. Klassischer Fall...

Der Richter, den die Wahrheit nicht interessiert

(Die Verletzung des Anspruchs auf den gesetzlichen Richter durch Ablehnung eines Befangenheitsantrags – Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 12.12.2012 – 2 BvR 1750/12) Unparteilichkeit und Objektivität, dies sollten Haupteigenschaften eines Richters sein. Was sich jedoch kürzlich im Gerichtssaal des Landgerichts in Chemnitz abgespielt hat, lässt vermuten, dass nicht jeder Richter diese gebotene Neutralität für die Ausübung des Richteramts mitbringt. Sachverhalt und Verfahrensgang Der für eine Zivilrechtsstreitigkeit zuständige Richter verweigerte den vom Anwalt der Beklagten vorgebrachten Beweisantrag, einen in der Schweiz ansässigen Zeugen anzuhören. Der Richter wollte den Antrag jedoch weder in das Protokoll der mündlichen Verhandlung aufnehmen, noch reagierte er auf...

Der Pflichtverteidiger und das faire Verfahren

Unter den Voraussetzungen des § 140 StPO ist einem Beschuldigten, der noch keinen Verteidiger hat, ein Pflichtverteidiger beizuordnen. Insbesondere muss ein Pflichtverteidiger gem. § 140 Abs. 1 StPO bestellt werden, wenn die Hauptverhandlung im ersten Rechtszug vor dem Landgericht stattfindet oder dem Beschuldigten ein Verbrechen zu Last gelegt wird. Weitere Gründe für die Bestellung eines Pflichtverteidigers sind die Vollstreckung von Untersuchungshaft oder z.B. bereits erfolgte Strafhaft von mindestens drei Monaten. Neben den ausdrücklich geregelten Anordnungsgründen in Abs. 1 sieht Abs. 2 eine Generalklausel für die Bestellung eines Pflichtverteidigers vor. Nach dieser Vorschrift ist einem Beschuldigten insbesondere ein Pflichtverteidiger zu bestellen,...

Zur Unverwertbarkeit polizeilich abgehörter Selbstgespräche im Strafprozess

(Darstellung und Aufarbeitung des BGH Urteils vom 22.12.2011 – 2 StR 509/10) In der Entscheidung vom 22.12.2011 – 2 StR 509/10 hat der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) seine Rechtsprechung zur Verwertbarkeit von Selbstgesprächen im Strafprozess konkretisiert. Dazu hob er ein Urteil des Kölner Landgerichts auf, durch welches die drei Angeklagten wegen Mordes zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe gem. § 211 StGB verurteilt worden waren. Das Landgericht ging von einem Familiendrama aus, in dem der Angeklagte seine Ehefrau aus Angst um das Umgangsrecht für den gemeinsamen Sohn tötete. Er hatte nach der Trennung von seiner Frau befürchtet, dass diese weit weg...