Kategorie: Besonderer Teil StGB

Anforderungen an das Wissenselement bei einer Sachbeschädigung von „Klimaaktivisten“

Wer sich bei Begehung der Tat (§ 16 StGB) keine Gedanken über den Beseitigungsaufwand gemacht hat, dem fehlt das zum Vorsatz erforderliche Wissenselement.  Feststellungen im Urteil dazu sind nur entbehrlich, wenn der Tatvorsatz aufgrund des Substanzverletzungsumfangs oder der Funktionsbeeinträchtigung eindeutig ist. Zum Sachverhalt Die Angeklagte entfernte als Mitglied der „Letzten Generation“ am 22. Juni 2022 mit weiteren Mittätern vor dem Bundeskanzleramt eine dort verlegte Gehwegplatte und legte sie auf einen Rasenbereich neben der ursprünglichen Position. Dabei hat sich die Angeklagte keine Gedanken darüber gemacht, welcher Aufwand mit der Wiedereinsetzung der Platte verbunden ist. Das Amtsgericht hatte die Angeklagte wegen gemeinschädlicher...

15 Jahre für Totschlag, Vergewaltigung und Störung der Totenruhe

Bei der Begehung mehrerer Straftaten wird nach § 54 Strafgesetzbuch (StGB) eine Gesamtstrafe gebildet. Wenn eine Einzelstrafe eine lebenslange Freiheitsstrafe ist, so wird als Gesamtstrafe auf lebenslange Freiheitsstrafe erkannt (Abs. 1 S. 1). In den anderen Fällen wird die Gesamtstrafe durch Erhöhung der verwirkten höchsten Strafe, bei Strafen verschiedener Art durch Erhöhung der ihrer Art nach schwersten Strafe gebildet (Abs. 1 S. 2). Nach Abs. 2 darf die Gesamtstrafe bei zeitigen Freiheitsstrafen fünfzehn Jahre nicht überschreiten. Ob die Festlegung der Gesamtstrafe auf 15 Jahre im vorliegenden Fall rechtsfehlerhaft ist, musste der Bundesgerichtshof (3 StR 466/23) in seinem Beschluss vom 20....

Mit Messer bedroht und trotzdem keine besonders schwere räuberische Erpressung?

Neben der Erpressung und dem Raub gibt es noch die räuberische Erpressung, die diese beiden Tatbestände miteinander verbindet. Nach § 255 Strafgesetzbuch (StGB) wird die Erpressung, die durch Gewalt gegen eine Person oder unter Anwendung von Drohungen mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben begangen wird, gleich eines Raubes bestraft. Auch die Qualifikationen des Raubes sind also anwendbar. § 250 StGB regelt den schweren Raub (Abs. 1), den besonders schweren Raub (Abs. 2) und den minder schweren Fall des Raubes (Abs. 3). Mit einer Variante des besonders schweren Raubes bzw. der besonders schweren räuberischen Erpressung, in der es um das...

Lebensmittel geklaut mit einem Messer in der Tasche – Höhere Strafe, obwohl das Messer gar nicht benutzt wurde?

Der Diebstahl ist ein Thema, mit welchem man sich fürs Staatsexamen und auch für die Praxis auskennen muss. In Klausuren ist es ein gern gestelltes Thema und auch in der Praxis ist der Diebstahl relevant, da er nach der Kriminalstatistik zu der am häufigsten begangenen Straftat in Deutschland zählt. Wegen einfachen Diebstahls macht sich gemäß § 242 Strafgesetzbuch (StGB) strafbar, wer eine fremde bewegliche Sache einem anderen in der Absicht wegnimmt, die Sache sich oder einem Dritten rechtswidrig zuzueignen. Der besonders schwere Fall des Diebstahls ist im anschließenden § 243 StGB geregelt und der Diebstahl mit Waffen; Bandendiebstahl und der...

Mord aus Heimtücke trotz frontalen Angriffs? 

Wer einen Mord in einer Klausur prüfen muss, kommt oftmals nicht an dem Mordmerkmal der Heimtücke vorbei. Da es eine Menge von Problemen birgt, ist es wohl eines der klausurrelevantesten Mordmerkmale. Nach der Definition handelt heimtückisch, wer in feindlicher Willensrichtung die Arg- und Wehrlosigkeit des Tatopfers bewusst zur Tötung ausnutzt. Ob auch im vorliegenden Fall das Mordmerkmal der Heimtücke einschlägig ist, hat der Bundesgerichtshof (1 StR 104/23) in seinem Beschluss vom 15. November 2023 entschieden. Der Angeklagte traf auf einem Bahnhof auf den Geschädigten, den er aus einer früheren Auseinandersetzung wiedererkannte. Nachdem sich die beiden wechselseitig als „Arschloch“ beleidigten, zog...

Hebamme tötet Kind durch unterlassen? – Beginn der Geburt

Schwangerschaftsabbruch oder Totschlag? „Wer eine Schwangerschaft abbricht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.“ Wer jedoch einen bereits geborenen Menschen vorsätzlich tötet, wird wegen Totschlags (§ 212 StGB) mit nicht unter fünf Jahren oder wegen Mordes (§ 211 StGB) mit lebenslanger Freiheitsstrafe bestraft. Ab wann der Anwendungsbereich des Totschlags eröffnet ist, hat der Bundesgerichtshof (6 StR 128/23) in seinem Beschluss vom 2. November 2023 entschieden. Die Angeklagte, die als Hebamme tätig war, bestärkte die Nebenklägerin darin, eine Hausgeburt durchzuführen. In den Jahren, in denen sie als Hebamme arbeitete, entwickelte sie tiefgreifende Vorbehalte gegen Krankenhausgeburten. Nach dem...

Einsatz von Polenböllern zur Sprengung von Fahrkartenautomaten (§ 308 StGB)

Das Herbeiführen einer Sprengstoffexplosion nach § 308 Abs. 1 Strafgesetzbuch (StGB) wird mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr bestraft und ist daher ein Verbrechen. Einschlägig ist der § 308 Abs. 1 StGB, wenn durch Sprengstoff eine Explosion herbeigeführt wird und dadurch Leib oder Leben eines anderen Menschen oder fremde Sachen von bedeutendem Wert gefährdet werden. Denkbar als Tatwerkzeug sind unter anderem Böller oder Gasflaschen. Im § 307 StGB ist dagegen das Herbeiführen einer Explosion durch Kernenergie geregelt. Um das Herbeiführen einer Sprengstoffexplosion ging es auch im Beschluss des Bundesgerichtshofes (6 StR 118/23) vom 28. Juni 2023. Die Angeklagten sprengten in...