Kategorie: Verfahrensstadium

Man soll den Tag nicht vor dem Abend schlecht machen!

Regelmäßig bekommt man als Verteidiger einen Schreck, wenn man auf einem übersandten Urteil den Vermerk vorfindet: Die Staatsanwaltschaft hat Berufung eingelegt In einem Verfahren wegen Ladendiebstahls hatte mein Mandant im Anschluss an den Diebstahl Gewalt angewendet. Deshalb wurde er durch die Staatsanwaltschaft Berlin wegen räuberischen Diebstahls angeklagt. In diesem Verfahren konnte ich darlegen, dass die Gewaltanwendung nicht dazu diente, sich den Besitz an der Ware zu erhalten. Auch sei eine Bewährungsstrafe trotz der bereits zahlreichen Vorverurteilungen und Hafterfahrungen ausnahmsweise gerechtfertigt. Das Gericht verurteilte deshalb meinen Mandanten lediglich wegen einfachen Diebstahls zu einer Bewährungsstrafe. Hiermit war die Staatsanwaltschaft Berlin nicht einverstanden...

Notwehr auch im Strafvollzug

Unser Mandant ist in einer Berliner Strafvollzugsanstalt (JVA) schuldlos in eine körperliche Auseinandersetzung geraten. Im Rahmen dieser Auseinandersetzung hatte er sich zur Wehr gesetzt. Die JVA hatte daraufhin unseren Mandanten von der Arbeit abgelöst und ihn zur Zahlung eines Haftkostenzbeitrags herangezogen. Die JVA ging davon aus, dass sich unser Mandant nicht auf Notwehr berufen könne, da es ihm möglich gewesen wäre, Hilfe zu holen. Das LG Berlin 595 StVK 280/12 stellt fest, dass sich auch ein Inhaftierter auf Notwehr berufen kann. Eine Einschränkung des Notwehrrechts aus sozialethischen Gründen gibt es nicht. Die Entscheidung ist zu begrüßen, da es nicht einzusehen...

Die unvorhergesehene Revision – Stolperstein Tagessatzhöhe

Die Erfolgsaussichten einer strafrechtlichen Revision zu beurteilen ist regelmäßig für einen Strafverteidiger genauso erfolgversprechend, wie ein Automatenglückspiel. Man kann es einfach nicht wissen. Gelegentlich schreibt man sich als Rechtsanwalt die Finger wund, mit dem Gefühlt, nur gewinnen zu können. Trotzdem wird die Revision verworfen. Es gibt aber auch den umgekehrten Fall. In dem Verfahren vor dem Kammergericht Berlin (3) 121 Ss 28/13 (28/13) hatte ich auf Wunsch meines Mandanten Revision eingelegt, um lediglich die Vollstreckung ein wenig hinauszuzögern. Mit dem Ergebnis war er als solches zufrieden. Das Landgericht Berlin hatte bei einigen Anklagepunkten eine Geldstrafe ausgeurteilt und die Tagessatzhöhe mit...

Zur Unverwertbarkeit polizeilich abgehörter Selbstgespräche im Strafprozess

(Darstellung und Aufarbeitung des BGH Urteils vom 22.12.2011 – 2 StR 509/10) In der Entscheidung vom 22.12.2011 – 2 StR 509/10 hat der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) seine Rechtsprechung zur Verwertbarkeit von Selbstgesprächen im Strafprozess konkretisiert. Dazu hob er ein Urteil des Kölner Landgerichts auf, durch welches die drei Angeklagten wegen Mordes zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe gem. § 211 StGB verurteilt worden waren. Das Landgericht ging von einem Familiendrama aus, in dem der Angeklagte seine Ehefrau aus Angst um das Umgangsrecht für den gemeinsamen Sohn tötete. Er hatte nach der Trennung von seiner Frau befürchtet, dass diese weit weg...

Zum Glück mache ich kein Zivilrecht

Am heutigen Tage musste ich nach langer Zeit mal wieder kurzfristig einen Termin vor dem Zivilgericht wahrnehmen und bin erleichtert, dass ich dort nicht so häufig hin muss. Ein Mandant wurde im Rahmen seines Aufenthaltes in einer JVA in einem zivilen Krankenhaus behandelt. Das Krankenhaus verklagte nun unseren Mandanten und wollte die Behandlungskosten erstattet haben. Eigentlich muss die JVA die Behandlungskosten im Innenverhältnis tragen, da ein Inhaftierter einen Anspruch auf Heilbehandlung hat. Da mein nicht Deutsch sprechender und schreibunkundiger Mandant einen Behandlungsvertrag unterschrieben hatte, blieb mir aber im heutigen Termin nichts anderes mehr übrig, als dem Land Berlin den Streit...