Kategorie: Verfahrensstadium
Wie vergangene Woche in Dortmund, so ist auch im Stuttgarter Tatort vom 25. Oktober 2015 schon wieder ein Mediziner für den Tod eines Menschen verantwortlich. Opfer ist der verurteilte Straftäter Jörg Albrecht. Dieser hatte einst ein junges Mädchen sexuell missbraucht und dadurch sogar ihren Tod herbeigeführt. Albrecht wurde deshalb wegen Vergewaltigung mit Todesfolge gem. § 178 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 15 Jahren verurteilt. Kaum hat er nach Verbüßen seiner Strafe das Gefängnis verlassen, nehmen die Eltern des getöteten Mädchens Rache. Simone Mendt (Michaela Caspar), die Mutter, gibt sich als Albrechts Bewährungshelferin aus und lockt Albrecht auf diese Weise in...
Diese Entscheidung ist ein schwerer Schlag für Strafverteidiger und ein deutlicher Rückschritt der Gewährleistung des fairen Verfahrens im Strafprozess. Denn mit seinem Beschluss vom 09. September 2015 – 3 BGs 134/15 hat der Bundesgerichtshof (BGH) entschieden, dass der Beschuldigte im Ermittlungsverfahren kein Recht hat, einen Antrag auf die Bestellung eines Pflichtverteidigers zu stellen. Die Rechtsfrage, ob sich aus § 141 Abs. 3 S. 1 und 2 StPO ein Recht des Beschuldigten ergibt, einen Antrag auf Beiordnung eines Pflichtverteidigers im Ermittlungsverfahren zu stellen, wird bisher sowohl in der Literatur als auch von den Fachgerichten kontrovers diskutiert. Diejenigen, die das Antragsrechts des...
Vor dem Amtsgericht Neuruppin wurde ein Strafverfahren gegen zwei Angeklagte geführt. Mein Mandant war in Freiheit, der andere Angeklagte saß in Untersuchungshaft. Und wer in Untersuchungshaft schmort, der kommt manchmal auf Ideen. Vor dem Hauptverhandlungstermin nahm ich ergänzende Akteneinsicht und fand in den Akten ein Schreiben des inhaftierten Angeklagten an das Amtsgericht, das ich – in Inhalt und Orthographie unverändert – wiedergeben möchte: Sehr gerrte Damen u Herren, Ich möchte sie fragen wen ich ein Erliches Geständnis bei ihnen vorlege, kann ich dann mit einer Strafmelderung rechnin? Da ich es nicht Einsehen tute das ich alein zur Rechenschaft gezogen werde....
Am 19. Oktober 2015 ist „Deutschlands bekanntester Strafrichter“ Thomas Fischer im Gespräch mit Sabine Rückert (DIE ZEIT) und Jochen Wegner (ZEIT online). Fischer ist Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof in Karlsruhe. Bekannt ist er als Autor des Beck’schen Kurzkommentars zum StGB sowie zahlreicher – oft streitbarer – Beiträge über das Recht. Fischers unkonventionelle Art polarisiert. Es gibt wohl keinen deutschen Juristen, der nicht von ihm gehört hat. Wer Fischer noch nicht kennt und sich für Rechtsfragen interessiert, sollte die Gelegenheit nutzen. Hier finden Sie weitere Informationen zur Veranstaltung im Radialsystem V in Berlin.
Kürzlich stieß ich in der April-Ausgabe des Strafverteidigers (immerhin die April-Ausgabe aus diesem Jahr..) auf einen kurzen Aufsatz von Jörg Kinzig und Thaya Vester, in dem sie über allererste Forschungsergebnisse ihrer DFG-geförderten Studie zum Freispruch berichten. Der Artikel ist (leider nur mit entsprechendem Zugang) hier einzusehen. Kinzig und sein Team interessiert, wie und warum es zu Freisprüchen kommt, nachdem bereits Untersuchungshaft vollstreckt worden ist. Denn obgleich „U-Haft Rechtskraft schafft“, enden einige Hauptverfahren trotz vollstreckter U-Haft mit einem Freispruch – im Jahr 2012 zum Beispiel in 364 Fällen (bzw. bei 364 Angeklagten). Herzstück der Studie soll eine Analyse von ca. 700...
Freunde von uns haben in ihrer Wohnung eine kleine Abstellkammer von gut 5 qm Größe mit einem kleinen Fenster. Wir nennen diesen Raum zärtlich „Erasmus-Kammer“, weil wir annehmen, dass man ihn angesichts des angespannten Berliner Wohnungsmarktes für einen nicht allzu schmalen Taler an Erasmus-Studenten vermieten könnte. Unsere Freunde machen das natürlich nicht, weil sie der Meinung sind, dass man auf gut 5 Quadratmetern nicht menschenwürdig leben kann. Die Berliner Justizverwaltung sah das bekanntlich bis vor kurzem anders. Es bedurfte daher einer Entscheidung des Berliner Verfassungsgerichtshofs um festzustellen, dass die mehrmonatige Unterbringung in einer Einzelzelle von 5,25 qm ohne abgetrennte Toilette...
Die Mühlen der Justiz mahlen langsam. Das dürfte wohl keinem von uns neu sein. Beim Lesen einer Entscheidung des Oberlandesgerichtes Köln bekommt dieses Sprichwort allerdings eine ganz andere Dimension. Denn bei einer andauernden Untersuchungshaft von etwa 5 Jahren und 9 Monaten kann von einem langsamen Mahlen der Justizmühlen keine Rede mehr sein. Vielmehr drängt sich hier nur noch der Begriff der überlangen Verfahrensdauer auf. Glücklicherweise hat das OLG Köln nun Gerechtigkeit walten lassen und den Haftbefehl gegen den Angeklagten aufgehoben. Doch wie konnte es überhaupt so weit kommen? Das Verfahren begann für den Angeklagten am 05.08.2009, als er von der...