Der Begriff der Verdeckungsabsicht beim Mord gem. § 211 StGB
Nicht selten lässt sich ein Täter im Anschluss an die Begehung einer Straftat und in Ansehung der ihm drohenden Strafverfolgung dazu hinreißen, einen anderen Menschen zum Zwecke der Tatverdeckung umzubringen. Das Mordmerkmal der Verdeckungsabsicht hat daher sowohl für Klausuren als auch für die Praxis eine hohe Relevanz. Was genau unter diesem Merkmal zu verstehen ist, wollen wir heute deshalb einmal wiederholen.
Definition: Mit Verdeckungsabsicht handelt, wer als Täter ein Opfer deswegen tötet, um dadurch eine vorangegangene Straftat als solche oder auch Spuren zu verdecken, die bei einer näheren Untersuchung Aufschluss über bedeutsame Tatumstände geben könnten.
Zu den einer Verdeckung zugänglichen Tatumständen gehört insbesondere die eigene Beteiligung an der vorangegangenen Tat. Eine Tötung zur Verdeckung einer Straftat scheidet dagegen schon begrifflich aus, wenn diese bereits aufgedeckt ist.
Für die Beurteilung dieser Frage kommt es jedoch nicht auf die objektiv gegebene Sachlage, sondern ausschließlich auf die subjektive Sicht des Täters an. Ausreichend ist also, dass der Täter subjektiv davon ausgeht, dass die Umstände der Tat noch nicht in einem die Strafverfolgung sicherstellenden Umfang bekannt sind.
Die Absicht bezüglich der Verdeckung einer anderen Tat erfordert keine Überlegung des Täters im Sinne eines abwägenden Reflektierens über die eigenen Ziele. Sie kann deshalb auch bei einem in einer unvorhergesehenen Augenblickssituation spontan gefassten Tötungsentschluss gegeben sein.
Weiter kommt eine Annahme von Verdeckungsabsicht zwar auch dann in Betracht, wenn der Tod des Opfers nicht mit direktem Vorsatz angestrebt wird, sondern nur bedingt vorsätzlich in Kauf genommen wird, wenn sich nicht im Einzelfall der Tod des Opfers als zwingend notwendige Voraussetzung einer Verdeckung darstellt.
Voraussetzung ist aber stets, dass die Verdeckungshandlung selbst nach der Vorstellung des Täters Mittel der Verdeckung sein soll. Nimmt der Täter dagegen an, eine Aufdeckung der anderen Straftat werde unabhängig von der Verdeckungshandlung und von deren Tötungserfolg nicht eintreten, so fehlt es an der erforderlichen (vorgestellten) Kausalität einer möglicherweise objektiv „verdeckenden“ Handlung für den subjektiv angestrebten Erfolg.
Nach Ansicht der Rechtsprechung erfasst das Mordmerkmal der Verdeckungsabsicht zudem auch Tötungen mit außerstrafrechtlichen Verdeckungszweck. Hierunter fallen Konstellationen, in denen der Täter zwar keine staatlichen Strafverfolgungsmaßnahmen vereiteln will, jedoch andere ihn bedrängende Reaktionen fürchtet, die er durch die Tötung unterbinden will. Laut dem Bundesgerichtshof stellen auch derartige strafvereitelungsfremde Tötungen strukturell einen Verdeckungsmord dar, weil der Täter Unrecht mit weiterem Unrecht verknüpft.
Rechtsanwalt Steffen Dietrich, Fachanwalt für Strafrecht in Berlin