Der Begriff des Eindringens im Rahmen des Hausfriedensbruchs
Nachdem wir uns bei der Wiederholung von Definitionen in den letzten Wochen mit Brandstiftungsdelikten beschäftigt haben, soll es heute um Straftaten gegen die öffentliche Ordnung gehen. Eine zentrale Norm dieses Abschnitts ist der Hausfriedensbruch nach § 123 StGB, von dem wir heute das Merkmal des Eindringens kurz wiederholen wollen.
§ 123 StGB lautet:
Wer in die Wohnung, in die Geschäftsräume oder in das befriedete Besitztum eines anderen oder in abgeschlossene Räume, welche zum öffentlichen Dienst oder Verkehr bestimmt sind, widerrechtlich eindringt, oder wer, wenn er ohne Befugnis darin verweilt, auf die Aufforderung des Berechtigten sich nicht entfernt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.
Definition: Ein Eindringen liegt vor, wenn der Täter gegen den Willen des Berechtigten in das Tatobjekt gelangt und dabei eine gegenständliche Grenze körperlich überwindet.
Dabei ist nicht erforderlich, dass der Täter mit dem gesamten Körper in das Tatobjekt gelangt. Vielmehr reicht es aus, wenn er nur mit einem Körperteil in den Raum gelangt. Vom Tatbestand erfasst ist es daher schon, wenn in den Raum hineingegriffen wird, um beispielsweise eine Sicherungskette der Tür zu lösen. Wichtig ist außerdem, dass das Tatobjekt dem Aufenthalt von Menschen dienen kann. Demnach ist das Hineingreifen in Briefkästen nicht vom Tatbestand erfasst. Auch das Verbringen von Gegenständen in fremde Räume ohne körperliches Eindringen ist kein Hausfriedensbruch. Genauso verhält es sich mit wiederholten nächtlichen Telefonanrufen und dem Schlagen an Fenster und Türen. Der Tatbestand kann auch durch Unterlassen begangen werden. Darunter fällt beispielsweise, dass ein Garant eine von ihm zu überwachende Person nicht am aktiven Eindringen hindert oder dass der Täter sich aus einem geschützten Bereich nicht entfernt. Somit ist das weitere Verweilen in der Wohnung nach Ablauf der Mietzeit sowie das unbemerkte Verbleiben in einem Museum nach Ende der Öffnungszeiten vom Tatbestand erfasst.
Rechtsanwalt Steffen Dietrich, Fachanwalt für Strafrecht in Berlin-Kreuzberg
Ich habe eine Frage zum Thema, die hier vielleicht geklärt werden kann. Wie ist das Verweilen im Paragrafen §123 StGB definiert? Gibt es eine bestimmte festgelegte zeitliche Grenze, ab der von einem Verweilen gesprochen werden kann, oder liegt das im subjektiven Ermessen eines Richters?
In Ihrem Museumsfall liegen Sie zunächst richtig damit, dass Sie objektiv in das Museum eingedrungen sind, wenn hinter Ihnen die Tür abgeschlossen wird. Wichtig ist allerdings, dass unser Strafgesetzbuch zusätzlich Vorsatz fordert. Sie machen sich also nicht strafbar, wenn Sie die Ansage überhört haben oder sie versehentlich die Zeit vergessen haben, weil beispielsweise Ihre Uhr nicht funktioniert und Sie daraufhin gegen Ihren Willen im Museum eingeschlossen werden. Würden Sie allerdings absichtlich nach den Öffnungszeiten oder der Durchsage im Museum verweilen (sich womöglich noch verstecken), so würden Sie sich eines Hausfriedensbruchs strafbar machen, obwohl Sie ja zu den Öffnungszeiten durchaus berechtigt waren, das Museum zu besuchen. Sie hätten sich also zunächst nicht unbefugt den Zutritt zum Museum verschafft, sondern wären erst nach dem Schließen des Museums in dieses „eingedrungen“. Das meint der Fall des Eindringens durch Unterlassen. Ich hoffe diese Antwort konnte Licht ins Dunkle bringen.
Da schüttele ich als juristischer Laie den Kopf: dass ich eine gegenständliche Grenze passiv (durch Unterlassen?)überwinden kann. Der Museumsfall:
praktisch ist das so, wenn ich durch einen offene Tür in einen Raum gehe, und jemand schließt hinter mir ab, dann bin ich unter Umständen eingedrungen?
Oder gilt im Museumsbeispiel das Ende der Öffnungszeit als Aufforderung zum Verlassen nach dem Gesetz? Meist gibt es ja auch eine Durchsage, bzw. jemand geht durch alle Räume.