Der Begriff des Sich-Bemächtigens beim erpresserischen Menschenraub
Der erpresserische Menschenraub spielt im ersten Staatsexamen eher eine untergeordnete Rolle. Dafür wird er im zweiten Staatsexamen umso mehr geprüft, wobei es hauptsächlich darum geht, den Tatbestand auszuschließen und von den Examenskandidaten etwas zur stabilen Bemächtigungslage zu hören. Denn sowohl der erpresserische Menschenraub als auch die Geiselnahme setzen voraus, dass die Bemächtigungssituation im Zwei-Personen-Verhältnis eine gewisse Stabilisierung erfahren hat. Doch was heißt eigentlich das Sich-Bemächtigen? Wir wiederholen die Definition in unserer wöchentlichen Definitionsreihe.
§ 239a Abs. 1 StGB lautet:
Wer einen Menschen entführt oder sich eines Menschen bemächtigt, um die Sorge des Opfers um sein Wohl oder die Sorge eines Dritten um das Wohl des Opfers zu einer Erpressung (§ 253) auszunutzen, oder wer die von ihm durch eine solche Handlung geschaffene Lage eines Menschen zu einer solchen Erpressung ausnutzt, wird mit Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren bestraft.
Definition: Sich-Bemächtigen ist das Erlangen einer anhaltenden physischen Herrschaft über die andere Person mit Gewalt, Drohung oder List.
Das Opfer muss körperlich daran gehindert sein, frei über sich selbst zu bestimmen. Ausreichend dafür ist, wenn dem Opfer eine Schlinge um den Hals gelegt oder es mit einer Schusswaffe bedroht wird. Nicht erforderlich ist, dass das Opfer an einen anderen Ort gebracht wird. Es muss seine Lage auch nicht zwingend erkennen. Zudem muss eine Fluchtmöglichkeit für eine Bemächtigungslage nicht völlig ausgeschlossen sein.
Rechtsanwalt Steffen Dietrich, Fachanwalt für Strafrecht aus Berlin