Der verdeckte Ermittler beim Drogenkauf
Zwar begegnet einem das Betäubungsmittelgesetz im Studium nicht häufig, so spielt es doch in der anwaltlichen Praxis eine bedeutende Rolle. Wer mit Betäubungsmitteln unerlaubten Handel treibt, dem kann eine Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren drohen.
Mit einer Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr wird gem. § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG (Betäubungsmittelgesetz) bestraft, wer mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge unerlaubt Handel treibt. Handeltreiben ist dabei jedes eigennützige Bemühen, das darauf gerichtet ist, den Umsatz von Betäubungsmitteln zu ermöglichen oder zu fördern.
Nebstdem gehört das Handeltreiben zu den Delikten, bei denen mehrere natürliche Handlungen durch den Tatbestand des Gesetzes zu einer (Bewertungs-)Einheit verknüpft werden. Die Bewertungseinheit erfasst alle Betätigungen, die sich auf den Umsatz desselben Betäubungsmittels richten.
Der Bundesgerichtshof musste sich in seinem Beschluss vom 9. Juni 2020 (3 StR 417/19) mit der Frage beschäftigen, ob es der Annahme eines verdeckten Handeltreibens entgegensteht, dass als vermeintlicher Kaufinteressent ein verdeckter Ermittler der Polizei auftrat.
Im hiesigen Fall boten die bandenmäßig handelnden Angeklagten einem vermeintlichen Kaufinteressenten, bei dem es sich in Wahrheit um einen verdeckten Ermittler der Polizei handelte, über mehrere Monate mehrfach jeweils ernsthaft und verbindlich an, zehn Kilogramm Kokain mit einem Wirkstoffgehalt von mindestens 80% aus den Niederlanden zum Preis von 33.000 € pro Kilogramm zu liefern. Das Geschäft konnte in drei von vier Fällen nicht durchgeführt werden. Gleichwohl hielten die Angeklagten am Geschäft fest, sodass es schließlich zur Übergabe kam. Unmittelbar nach der Übergabe wurden die Angeklagten festgenommen.
Das Landgericht verurteilte die drei Angeklagten wegen bandenmäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in vier tatmehrheitlichen Fällen.
Die beschriebenen Verkaufsangebote werden, da sie sich jeweils auf denselben Güterumsatz bezogen, jedoch zu einer Bewertungseinheit verbunden, wie auch der Bundesgerichtshof feststellte. Sie beruhten auf dem zu Beginn verabredeten Plan der Angeklagten, dem Kaufinteressenten eine einheitliche – noch zu liefernde – Menge von zehn Kilogramm Kokain zu verschaffen. Diese Entschluss gaben sie zu keinem Zeitpunkt auf (und fassten ihn mithin nicht etwas neu), denn sie waren nach dem Scheitern der vereinbarten drei Lieferungen jeweils weiterhin an der Durchführung des Kokaingeschäfts interessiert.
Dementsprechend stellte der Bundesgerichtshof fest, dass im hiesigen Fall nur eine einheitliche Tat des bandenmäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge vorliegt.
Nebstdem führte der Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung aus, dass es der Annahme eines Handeltreibens nicht entgegensteht, dass es sich bei dem vermeintlichen Kaufinteressenten um einen verdeckten Ermittler der Polizei handelte, der sich nur zum Schein an den Kaufverhandlungen beteiligte.
Rechtsanwalt Steffen Dietrich, Fachanwalt für Strafrecht aus Berlin-Kreuzberg