Die Bezeichnung von Polizeibeamten als „Flitzpiepen“ – eine strafrechtlich relevante Beleidigung?
Bei dem Vorwurf der Beleidigung muss stets nach den Umständen des Einzelfalls beurteilt werden, ob es sich um eine Beleidigung im Sinne des § 185 StGB handelt. Die Gerichte haben daher häufig die Aufgabe, zu beurteilen, ob es sich bei einem bestimmten Begriff um eine Beleidigung handelt.
Der Tatbestand der Beleidigung schützt die Ehre, die nach der Rechtsprechung die innere und äußere Ehre eines Menschen umfasst. Unter der inneren Ehre versteht man den dem Menschen als Träger geistiger und sittlicher Werte zukommenden Achtungsanspruch. Darauf gründet die sogenannte äußere Ehre, hierunter fallen das Ansehen und der gute Ruf einer Person in der Gesellschaft.
Die Beleidigung stellt somit den Angriff auf die Ehre eine Person dar. Sie wird regelmäßig angenommen, wenn man durch eine Bezeichnung die Missachtung, Geringschätzung oder Nichtachtung einer Person gewollt zum Ausdruck bringt.
Um zu beurteilen, ob eine solche Kundgabe vorliegt, sei der Wortlaut maßgeblich. Wenn die Äußerung jedoch nicht so eindeutig ist, dass sich ihr Sinn allein aus dem Wortlaut ergibt, muss darüber hinaus ihr wahrer Erklärungsinhalt aus dem Zusammenhang und seinem Zweck erforscht werden. Hierzu wird der Begriff danach beurteilt, wie es ein unvoreingenommenes und unverständiges Publikum, also ein durchschnittlicher Empfänger der Kundgabe, verstehen würde.
So kam es auch, dass das Oberlandesgericht Karlsruhe in seinem Beschluss vom 22. Mai 2018 – 2 Rv 4 Ss 193/18 beurteilen musste, ob der Bezeichnung „Flitzpiepen“ ein beleidigender Sinngehalt innewohnt. Der Entscheidung geht das Urteil des Amtsgerichts Wiesloch voraus, in welchem der Beschuldigte wegen Beleidigung zu einer Geldstrafe von beinahe 3.000,00 € verurteilt wurde. Diesem wurde zunächst vorgeworfen, beim Führen seines Fahrzeugs sein Mobiltelefon benutzt zu haben. Infolgedessen hatte er an die Bußgeldbehörde eine E-Mail gesendet, in welcher er die beiden aufnehmenden Polizeibeamten als „die zwei Flitzpiepen vor Ort“ bezeichnet hatte.
Nach Auffassung des Amtsgerichts handelte es sich bei dem Begriff „Flitzpiepen“ um ein Synonym für Dummkopf, Trottel oder Depp und habe einen grundsätzlich abwertenden Charakter. Diese Feststellung stützt das Amtsgericht auf zwei Internetseiten. Das Oberlandesgericht hatte hierzu festgestellt, dass der sprachwissenschaftliche Hintergrund dieser Internetseiten unklar sei und es sich zudem auch nicht mit möglicherweise abweichenden Wortbedeutungen auseinandergesetzt hatte.
Insbesondere bei Beleidigungen gegenüber Polizeibeamten ist nach ständiger Rechtsprechung erforderlich zu unterscheiden, ob sich die Äußerung gegen den beteiligten Polizeibeamten selbst oder der Vorgehensweise der Polizei generell richtet. So hat die Bezeichnung als „Bullen“ gegenüber Polizeibeamten grundsätzlich keinen ehrverletzenden Charakter. Vielmehr handle es sich um ein umgangssprachliches Synonym für Polizeibeamter, das nicht zwingend eine Herabsetzung darstellt.
Auch stellen bloße Unhöflichkeiten noch keine Beleidigung im Sinne des § 185 StGB dar. Als eine solche Unhöflichkeit gilt unter Umständen auch das Lustigmachen über eine andere Person.
Das Oberlandesgericht hat in der Entscheidung allerdings keine konkrete Einstufung des Begriffes vorgenommen, sondern deutlich gemacht, dass die Tatgerichte genauere Feststellungen treffen und auf verschiedene Deutungsmöglichkeiten eingehen müssen.
Das Urteil des Amtsgerichts wurde daher aufgehoben und zur erneuten Verhandlung zurückverwiesen. Es bleibt also weiterhin offen, ob der Begriff „Flitzpiepen“ nicht doch eine Beleidigung der Polizeibeamten darstellt.
Rechtsanwalt Steffen Dietrich, Fachanwalt für Strafrecht aus Berlin
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