Die Erregung öffentlichen Ärgernisses
Die Erregung öffentlichen Ärgernisses stellt in Deutschland gemäß § 183a StGB (Strafgesetzbuch) eine Straftat dar. Aber was ist unter diesem Begriff genau zu verstehen? Wann macht man sich strafbar?
In § 183a StGB heißt es indes wie folgt: „Wer öffentlich sexuelle Handlungen vornimmt und dadurch absichtlich oder wissentlich ein Ärgernis erregt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft, wenn die Tat nicht in § 183 mit Strafe bedroht ist.“
Um sich strafbar zu machen, muss eine sexuelle Handlung vorgenommen werden, wobei der sexuelle Bezug nach dem äußeren Erscheinungsbild erkennbar sein muss. Lediglich schriftliche oder mündliche Äußerungen sind von der Norm nicht erfasst. Auch Handlungen wie unbekleidetes Baden oder Sonnen, provozierendes nacktes Auftreten als „Flitzer“ in einem Fußballstadion oder Urinieren sind keine sexuellen Handlungen und somit nicht von § 183a StGB gedeckt. Sie können allerdings eine Ordnungswidrigkeit (§ 118 OWiG) darstellen. Die sexuelle Handlung muss zudem erheblich sein. An die Erheblichkeit sind dabei hohe Anforderungen zu stellen. Sozialübliche Handlungen (wie z.B. Küsse) werden von § 183a StGB daher nicht erfasst. Selbst Striptease-Vorführungen oder sonstige Entkleidungen überschreiten die Schwelle der Erheblichkeit nicht. Hingegen fallen sexuelle Betätigungen, die mit einem Eindringen des männlichen Gliedes in den Körper verbunden sind (Beischlaf, Oral- und Analverkehr) sowie eindeutig als solche erkennbare Masturbation, unzweifelhaft unter den Tatbestand des § 183a StGB.
Die sexuelle Handlung ist öffentlich, wenn sie von einem unbestimmten Personenkreis wahrgenommen werden könnte oder wenn sie für einen bestimmten Kreis wahrnehmbar ist, der nicht durch persönliche Beziehungen innerlich verbunden ist. Eine solche innere Verbundenheit ist in einer Gaststätte oder Diskothek regelmäßig der Fall. Innerhalb einer geschlossenen Gesellschaft – wie etwa einem Verein oder einem Club – kann hingegen nicht von einer Öffentlichkeit ausgegangen werden. Es ist stets erforderlich, dass zumindest eine Person den Vorgang wahrnimmt. Öffentlichkeit ist jedenfalls bei sexuellen Handlungen an öffentlichen Orten (Straßen, Parks, in Fahrzeugen auf öffentlichen Parkplätzen, in öffentlichen Gebäuden oder jederzeit zugänglichen Hauseingängen) zu bejahen. Hierbei kommt es nicht darauf an, ob die Handlung tatsächlich wahrgenommen wird, die Möglichkeit der Wahrnehmung ist ausreichend.
Für die Erregung von Ärgernis ist ferner erforderlich, dass sich zumindest eine Person durch die Handlung des Täters in ihren Anschauungen, die nicht überzogen sein dürfen, unmittelbar verletzt fühlt. Wenn sich dieses Gefühl erst später einstellt (auf Grund späteren Nachdenkens oder von Berichten Dritter), mangelt es an der notwendigen Unmittelbarkeit. Die Beobachtung muss die Person als Ärgernis empfunden haben. Hierzu gehören auch negative Emotionen wie Ekel oder eine Verletzung des Schamgefühls.
Im Rahmen des subjektiven Tatbestands ist erforderlich, dass es dem Täter entweder gerade darauf ankommt, durch die Handlung Ärgernis zu erregen oder dass er sicher weiß, dass seine Handlung diesen Effekt hat. Bemüht sich der Täter darum, unentdeckt zu bleiben, kann ein solcher direkter Vorsatz regelmäßig verneint werden. Auch wenn der Täter die Erregung eines Ärgernisses nur billigend in Kauf nimmt (was meistens der Fall sein wird), verwirklicht er den Tatbestand des § 183a StGB nicht.
Rechtsanwalt Steffen Dietrich, Fachanwalt für Strafrecht aus Berlin