Die Herausforderungen des Jugendstrafrechts: Die Rolle der schädlichen Neigungen
Beim Jugendstrafrecht handelt es sich um einen Teil des Strafrechts. Der sich mit der Behandlung von Straftaten befasst, die von Jugendlichen und Heranwachsenden begangen werden. So normiert das Jugendgerichtsgesetz (JGG) andere Sanktionen als das Erwachsenenstrafrecht, bei denen vor allem die erzieherische Wirkung und nicht die Bestrafung im Vordergrund steht. Lediglich die Jugendstrafe, die im § 17 JGG geregelt ist, soll auch wirklich als Strafe dienen. Die Jugendstrafe meint gemäß § 17 Abs. 1 JGG den Freiheitsentzug in einer für ihren Vollzug vorhergesehenen Einrichtung. Verhängt wird die Jugendstrafe nach Abs. 2 wegen schädlicher Neigungen oder wegen der Schwere der Schuld.
Mit dem Merkmal der schädlichen Neigungen hat sich der Bundesgerichtshof (1 StR 30/24) in seinem Beschluss vom 20. Februar 2024 auseinandergesetzt. Die Angeklagte wurde zuvor vom Landgericht München wegen Betrugs in acht Fällen zu einer Einheitsjugendstrafe von einem Jahr verurteilt, wobei deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde. Daneben wurde die Einziehung des Wertes der Taterträge in Höhe von 69.000,00 € angeordnet. Das Landgericht ging bei der Verurteilung der Angeklagten von schädlichen Neigungen nach § 17 Abs. 2 JGG aus.
Der Rechtsfolgenausspruch hält der sachrechtlichen Überprüfung jedoch nicht stand, stellt der Bundesgerichtshof im hiesigen Beschluss fest. Dabei beruft sich der BGH zunächst auf die Definition der schädlichen Neigungen: Unter schädlichen Neigungen sind erhebliche Anlage- oder Erziehungsmängel zu verstehen, die ohne längere Gesamterziehung des Täters die Gefahr weiterer Straftaten begründen.
Im vorliegenden Fall hat sich das Landgericht jedoch nicht mit der Persönlichkeitsentwicklung der Angeklagten vor der Tatserie beschäftigt. Die schädlichen Neigungen wurden stattdessen allein mit der Begehung der Betrugstaten begründet. Auch wurde dabei nicht erörtert, dass die letzte Tat zum Schluss der Verhandlung ca. 2 Jahre zurücklag und die Angeklagte nicht erneut straffällig wurde. Aufgrund dieser Versäumnisse wird das Urteil den Vorgaben der schädlichen Neigungen nicht gerecht, sodass die Revision der Angeklagten teilweise Erfolg hat.
Rechtsanwalt Steffen Dietrich, Strafverteidiger aus Berlin-Kreuzberg