Die Nötigung und ihre Tücken – was ist ein empfindliches Übel?
Die Nötigung ist ein in Klausuren leicht zu übersehendes Delikt, das voller Probleme steckt. Sowohl bei der Drohung mit Gewalt als auch bei der Drohung mit einem empfindlichen Übel gibt es Fragen, die immer wieder auftauchen und die man als Examenskandidat kennen sollte. Damit es aber nicht schon an der Definition der Begriffe scheitert, wiederholen wir heute das Tatbestandsmerkmal des empfindlichen Übels.
240 StGB lautet: Wer einen Menschen rechtswidrig mit Gewalt oder durch Drohung mit einem empfindlichen Übel zu einer Handlung, Duldung oder Unterlassung nötigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
Definition: Ein Übel ist jede vom Betroffenen als nachteilig empfundene Veränderung in der Außenwelt. Empfindlich ist ein Übel, wenn der in Aussicht gestellte Nachteil von einer Erheblichkeit ist, dass seine Ankündigung geeignet erscheint, den Bedrohten im Sinne des Täterverlangens zu motivieren.
Entscheidend für die Einordnung ist die subjektive Empfindung des Betroffenen. Kann von dem Betroffenen erwartet werden, der Drohung in besonnener Selbstbehauptung standzuhalten, liegt kein empfindliches Übel vor. Hingegen stellt die Ankündigung von Gewalt stets ein empfindliches Übel dar. Auch das Drohen mit einer Strafanzeige oder einer Dienstaufsichtsbeschwerde kann ein empfindliches Übel darstellen, wobei die Rechtswidrigkeit der Drohung bei berechtigten Anzeigen entfällt.
Rechtsanwalt Steffen Dietrich, Fachanwalt für Strafrecht aus Berlin