Doppelte Last: Wenn Geld- und Freiheitsstrafe zusammentreffen
Wird man in Deutschland wegen der Begehung einer Straftat verurteilt, kommen als Hauptstrafen die Geldstrafe und die Freiheitsstrafe in Betracht. Diese werden zwar grundsätzlich alternativ und nicht nebeneinander verhängt, allerdings hält das Strafgesetzbuch (StGB) mit dem § 41 StGB eine Ausnahmevorschrift bereit, nach der auch die kumulative Verhängung von Geld- und Freiheitsstrafe möglich ist. Obgleich sich eine Auseinandersetzung mit dieser Vorschrift nur vereinzelt in den veröffentlichen Gerichtsentscheidungen finden lässt, ist das Thema in der Strafrechtspraxis jedenfalls nicht von völlig untergeordneter Relevanz. In diesem Beitrag wollen wir uns den § 41 StGB daher einmal etwas genauer anschauen.
Der § 41 StGB hat den folgenden Wortlaut:
§ 41
Geldstrafe neben Freiheitsstrafe
Hat der Täter sich durch die Tat bereichert oder zu bereichern versucht, so kann neben einer Freiheitsstrafe eine sonst nicht oder nur wahlweise angedrohte Geldstrafe verhängt werden, wenn dies auch unter Berücksichtigung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Täters angebracht ist.
Voraussetzung ist ausweislich des Wortlauts also zunächst, dass sich der Täter durch die von ihm begangene Straftat selbst bereichert hat oder dies zumindest versucht hat. Nicht ausreichend ist es, wenn er sich ausschließlich zugunsten eines Dritten (z.B. eines Familienmitglieds oder eines Freundes) bereichert hat und er selbst keinerlei Vermögensvorteile erhalten hat. Hauptanwendungsbereich der Vorschrift sind in erster Linie die allgemeinen Vermögensdelikte wie z.B. Betrug oder Untreue und die Steuerstraftaten.
Die Anordnung der kumulativen Verhängung von Geld- und Freiheitsstrafe ist weiter nur dann möglich, „wenn dies auch unter Berücksichtigung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Täters angebracht ist“. Dies soll insbesondere dann der Fall sein, wenn es nach der Art von Delikt und Täter „sinnvoll erscheint“, ihn nicht nur an der Freiheit, sondern auch am Vermögen zu strafen. Die Anordnung kann unter Betrachtung der Gesamtumstände des Einzelfalls dann beispielsweise ausscheiden, wenn eine zusätzliche Geldstrafe den Täter finanziell überfordern würde, weil er weder über Vermögen noch Einkommen verfügt und auch keine sicheren Erwerbsaussichten des Täters vorhanden sind.
Liegen die Voraussetzungen des § 41 StGB vor, liegt es im pflichtgemäßen Ermessen des Tatgerichts, in dem konkreten Fall eine zusätzliche Geldstrafe auszusprechen. Dies bedeutet, dass das Tatgericht die zusätzliche Geldstrafe auch bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 41 StGB grundsätzlich nicht aussprechen muss. In der Regel muss das Gericht die Nichtanwendung dann auch nicht begründen.
Möchte das Gericht hingegen eine zusätzliche Geldstrafe verhängen, muss es dies entsprechend begründen. Dies hat auch der Bundesgerichtshof (BGH) in seiner Entscheidung vom 27. Mai 2020 (5 StR 603/19) unter Berufung auf den Ausnahmecharakter des § 41 StGB ausdrücklich betont. Dem BGH zufolge ist eine 2-stufige Prüfung erforderlich:
„[…] Angesichts ihres Ausnahmecharakters muss die Kumulation von Geld- und Freiheitsstrafe näher begründet werden. Dabei sind zunächst die pflichtgemäße Ausübung des Ermessens und die Aufspaltung der Sanktion in Freiheits- und Geldstrafe zu begründen. Sodann hat es in einem zweiten Schritt die wechselseitige Gewichtung der als Freiheitsstrafe und als Geldstrafe zu verhängenden Teile des schuldangemessenen Strafmaßes nach den Grundsätzen des § 46 StGB zu erfolgen […].“
Begründet ein Gericht die Verhängung einer Geld- und Freiheitsstrafe also lediglich damit, dass die Täter sich „selbst bereichern“ wollten, wird dies in aller Regel nicht ausreichend sein, da eine solche Begründung lediglich den Gesetzeswortlaut wiedergibt.
In seiner Entscheidung vom 24. März 2022, Az. 3 StR 375/20) hat der BGH zwar außerdem betont, dass Sinn und Zweck des § 41 StGB in erster Linie sei, den Gerichten die Möglichkeit zu eröffnen, den Täter besonders wirksam zu treffen und ihn zusätzlich zu belasten. Allerdings hat der BGH auch erwähnt, dass durch die zusätzliche Geldstrafe „in geeigneten Fällen es auch ermöglicht [werden soll], die Freiheitsstrafe niedriger zu halten“.
Folglich liegt es auf der Hand, dass die zusätzliche Verhängung einer Geldstrafe, die in der Praxis in den meisten Fällen tatsächlich mit einer reduzierten bzw. aussetzungsfähigen Freiheitsstrafe einhergeht, für einen Angeklagten durchaus von Vorteil sein kann. Für eine gute Strafverteidigung ist es daher unerlässlich, sich mit den Voraussetzungen der Vorschrift und den Grundsätzen der Rechtsprechung vertraut zu machen.
Rechtsanwalt Steffen Dietrich, Fachanwalt für Strafrecht in Berlin-Kreuzberg