Doppelte Strafmilderung für den Beteiligten an einer Untreue
KG, Beschl. v. 02.04.2012 – (4) 161 Ss 30/12 /67/12)
Leitsatz: Bei einem Gehilfe, der nicht selbst in einem Treueverhältnis (§ 14 I Nr. 1 StGB) zu dem Geschädigten einer Untreue stand, ist eine Strafmilderung nach §§ 28 I, 49 StGB neben einer Milderung nach §§ 37 II, 49 zu erörtern.
Eine doppelte Strafmilderung kommt nur dann nicht in Betracht, wenn der Sache nach Mittäterschaft vorliegt und die Gehilfenstellung allein auf dem Fehlen der Vermögensbetreuungspflicht beruht.
Die Ehefrau E des Angeklagten A führte bis zum Jahre 2005 die aus mehreren Firmen bestehende E-Gruppe als Geschäftsführerin. In den Jahren 2003 bis 2005 entzog sie diesen Firmen ohne entsprechenden Anspruch Vermögenswerte und führte die Gesellschaften systematisch in die Insolvenz.
Teilweise wurde die Ehefrau des Angeklagten dabei von ihrem Ehemann A unterstützt, indem dieser mit einer der Gesellschaften der Ehefrau einen Darlehensvertrag schloss, in welchem die Abgabe eines notariellen Schuldanerkenntnisses auf erstes Anfordern vereinbart war. Ein echtes Darlehensgeschäft lag jedoch nicht zugrunde, was beide wussten.
Mit dem Schuldanerkenntnis beantragte der A mit einem von der E vorformulierten Schreiben die Eintragung einer Zwangssicherungshypothek beim Amtsgericht. Dadurch wurde dem Plan der E entsprechend das Vermögen der GmbH (hier die zur Verteilung der Insolvenz vorhandene Masse) geschmälert.
E, die gegenüber der Gesellschaft vermögensbetreuungspflichtig ist, vgl. § 43 I GmbHG, macht sich wegen Untreue strafbar. A, der das Merkmal nicht selbst aufweist, hat sich wegen Beihilfe zur Untreue strafbar gemacht, §§ 266 I, 27 StGB.
Fraglich ist, ob die Strafe zu mildern ist.
§ 27 II 2 StGB sieht eine obligatorische Strafmilderung für den Gehilfen nach § 49 I StGB vor. Darüber hinaus ist die Vermögensbetreuungspflicht ein besonderes persönliches Merkmal im Sinne von § 28 I StGB, bei dessen Fehlen die Strafe ebenfalls nach § 49 I StGB zu mildern ist.
Die Strafe könnte also doppelt gemildert werden. Anerkannt ist, dass eine doppelte Strafmilderung ausscheidet, wenn die Gehilfenposition allein auf dem Fehlen der Täterqualifikation beruht (BGH 2 StR 507/04). Das ist richtig, denn andernfalls würde derselbe Umstand doppelt mildernd berücksichtigt werden.
Beruht aber die Gehilfenstellung auch auf anderen Umständen, ist zwingend doppelt zu mildern. Das ist jeweils zu erörtern. In casu lag es nahe, den A bereits nach allgemeinen Regeln als Gehilfen anzusehen, weil er angeleitet durch die E gehandelt hat, welche das Heft des Handelns in der Hand gehabt und die Initiative ergriffen hatte.
Ausführlicher, auch zu weiteren Problemen der Entscheidung: StV 2 2013, S. 89-93.