Ein Drogenlager der besonderen Art
Mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr wird nach § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG (Betäubungsmittelgesetz) bestraft, wer Betäubungsmittel in nicht geringer Menge besitzt.
Ob auch ein Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge vorliegt, wenn jemand anderes Drogen in der eigenen Wohnung lagert, musste der Bundesgerichtshof (1 StR 75/22) in seinem Beschluss vom 3. Mai 2022 beantworten.
Im hiesigen, der Entscheidung des Bundesgerichtshofes zugrundeliegenden Sachverhalt lagerte der Freund der Angeklagten Drogen in ihrer freigewordenen Wohnung, nachdem sie zusammenzogen waren. So verwahrte der Mitangeklagte zu einem Zeitpunkt über 9 Kilogramm Marihuana und über einen Kilo Kokain in der Wohnung der Angeklagten.
Die Angeklagte wusste, dass ihr Freund die Wohnung für die Lagerung von Drogen nutzte und duldete dies auch für einen vorgeschriebenen Zeitraum. Das Landgericht Stuttgart verurteilte sie dafür wegen Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubtem Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge. Dazu führte das Landgericht an, dass die Angeklagte ungehindert auf die Betäubungsmittel einwirken konnte und dabei einen entsprechenden Herrschaftswillen habe.
Einen Besitz von Betäubungsmitteln sah der Bundesgerichtshof vorliegend jedoch nicht als gegeben an. Demnach setzt das „Besitzen“ nach dem Betäubungsmittelgesetz ein bewusstes tatsächliches Innehaben, ein tatsächliches Herrschaftsverhältnis sowie Besitzwillen und Besitzbewusstsein voraus, die darauf gerichtet sind, die Möglichkeit ungehinderter Einwirkung auf das Betäubungsmittel zu erhalten. Dabei können Eigen- aber auch Fremdbesitzer die Betäubungsmittel besitzen.
Gegen einen Besitz der Betäubungsmittel wendet der Bundesgerichtshof ein, dass es nicht ausreicht, dass die Drogen in der Wohnung gelagert wurden und die Angeklagte es wahrnahm und einverstanden war. Insbesondere ist gegen einen Besitzwillen einzuwenden, dass die Angeklagte nicht über die Betäubungsmittel verfügen durfte und dies auch nicht getan hat, sodass die Verurteilung wegen des Besitzes einer nicht geringen Menge an Betäubungsmitteln keinen Bestand haben kann.
Rechtsanwalt Steffen Dietrich, Strafverteidiger aus Berlin-Kreuzberg