Eindringen in die tiefste Privatsphäre – Die Durchsuchung
Wenn Einsatzkräfte plötzlich morgens um 6 Uhr vor der Haustür stehen und das Haus bzw. die Wohnung durchsuchen wollen; die Durchsuchung gem. § 102 StPO. Nicht gerne gesehen, aber nicht selten der Fall. Die Durchsuchung kommt meist unerwartet und greift tief in die Privatsphäre des Beschuldigten ein. Gem. § 102 StPO, der die Durchsuchung bei Beschuldigten regelt, kann eine Durchsuchung der Wohnung oder anderer Räume sowie seiner Person und der ihm gehörenden Sachen bei demjenigen erfolgen, der als Täter oder Teilnehmer einer Straftat oder der Datenhehlerei, Begünstigung, Strafvereitelung oder Hehlerei verdächtigt wird. Diese kann zum Zweck der Ergreifung, als auch dann vorgenommen werden, wenn vermutet wird, dass die Durchsuchung zur Auffindung von Beweismitteln führen wird.
In seinem Beschluss vom 5. Oktober 2022 musste sich der Bundesgerichtshof (StB 40/22) mit dem erforderlichen Verdachtsgrad bei der Durchsuchung beschäftigen. Gegen den Beschuldigten im hiesigen Fall wurde ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der mitgliedschaftlichen Beteiligung an einer terroristischen Vereinigung im Ausland geführt. Auf Antrag des Ermittlungsrichters wurde dann eine Durchsuchung der Wohnräume des Beschuldigten angeordnet und durchgeführt. Daraufhin legte der Beschuldigte eine Beschwerde gegen die Durchsuchungsbeschlüsse ein.
Das Rechtsmittel blieb erfolglos, da nach Auffassung des Bundesgerichtshofes die Voraussetzungen für den Erlass der Durchsuchungsanordnung vorlagen. Demnach bedarf es für die Zulässigkeit einer Durchsuchung keines hinreichenden oder dringenden Tatverdachts. Vielmehr reicht ein Anfangsverdacht aus, der vorliegt, wenn tatsächliche Anhaltspunkte für eine Straftat vorliegen. Vorliegend stützte sich der Anfangsverdacht auf ein Behördenzeugnis des Bundesamts für Verfassungsschutz. Ein Anfangsverdacht kann grundsätzlich durch ein Behördenzeugnis begründet werden, sodass nach diesen Maßstäben zureichende Gründe für den Verdacht vorlagen, dass der Beschuldigte sich im Jahr 2014 in Syrien dem IS angeschlossen und im selben Jahr als Kommandant am Kampf gegen andere Gruppierungen teilgenommen habe.
Rechtsanwalt Steffen Dietrich, Strafverteidiger aus Berlin-Kreuzberg