Gefährliche Körperverletzung durch Verabreichung von Alkohol?
Eine Körperverletzung nach § 223 StGB liegt dann vor, wenn man eine andere Person körperlich misshandelt oder an der Gesundheit schädigt. Im Falle einer Körperverletzung droht dem Täter dann eine Geldstrafe oder eine Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren.
Eine Gesundheitsschädigung im Sinne einer einfachen Körperverletzung kann in der Herbeiführung eines Rauschzustandes liegen, wenn der Rausch etwa zur Bewusstlosigkeit führt oder der Betroffene sich übergeben muss.
In seinem Beschluss vom 18. Februar 2021 musste sich der Bundesgerichtshof (4 StR 437/20) mit der Frage befassen, ob die Verabreichung von Alkohol durch einen Dritten eine Körperverletzung darstellt.
Im vorliegenden, dem Beschluss des Bundesgerichtshofes zugrunde liegenden Sachverhalt hatte der Angeklagte ein sexuelles Interesse an der damals Fünfzehnjährigen. An einem Abend fand im Haus des Angeklagten und seiner damaligen Ehefrau ein Spieleabend statt, an dem auch die Jugendliche und ihr Freund teilnahmen. Im späteren Verlauf des Abends waren nur noch der Angeklagte, die Fünfzehnjährige sowie deren Achtzehnjähriger Freund anwesend. Die Jugendliche trank zunächst ein Glas oder eine Flasche Bier.
Anschließend trank die Fünfzehnjährige ein Glas Wein. Der Angeklagte schenkte ihr immer wieder Wein nach, wobei er ausnutzte, dass sie aufgrund des Spiels abgelenkt war oder zur Toilette gegangen war. Allerdings bekam die Fünfzehnjährige auch mit, dass der Angeklagte ihr Wein nachschenkte. Im Anschluss schenkte der Angeklagte ihr heimlich – mindestens einmal – Wodka in ihr nichtalkoholisches Getränk, in der Hoffnung, alsbald mit ihr allein sein zu können. Die Zeugin war am Ende des Abends erheblich betrunken, hatte Schwierigkeiten beim Gehen und bei der Artikulation, und musste sich zuhause übergeben.
Der Bundesgerichtshof hat festgestellt, dass eine Gesundheitsschädigung i. S. d. § 223 StGB auch in der Herbeiführung eines Rauschzustandes liegen kann, wenn der Rausch etwa zur Bewusstlosigkeit führt oder der Betroffene sich übergeben muss. Allerdings erfüllt das Nachschenken von Wein in das Weinglas der Zeugin den Tatbestand einer Körperverletzung nicht, da der Zeugin insoweit bewusst war, dass sie Alkohol zu sich nahm, weshalb lediglich eine Förderung der eigenverantwortlichen Selbstschädigung durch einen Dritten vorliegt.
Diese wird erst dann strafbar, wenn der Dritte aufgrund überlegenen Sachwissens das Risiko besser erfasst als der sich selbst Gefährdende. Zudem sei fraglich, ob das heimliche Zuführen des Wodkas tatsächlich den bereits zuvor eingetretenen, eigenverantwortlich herbeigeführten Rauschzustand der Zeugin maßgebend verstärkte und daher mitursächlich für ihre späteren rauschbedingten Beeinträchtigungen war.
Rechtsanwalt Steffen Dietrich, Fachanwalt für Strafrecht aus Berlin-Kreuzberg