Ist eine Amtsanmaßung in Mittäterschaft möglich?

Mit genau dieser Frage hatte sich der Bundesgerichtshof (BGH) in seinem Beschluss vom 14. April 2020 (Az. 5 StR 37/20) zu befassen. 

Dem Fall lag der folgende Sachverhalt zugrunde: 

„Der Angeklagte schloss sich spätestens Anfang Juni 2018 einer Tätergruppe an, deren Ziel es war, als „falsche Polizeibeamte“ Betrugstaten zum Nachteil älterer Menschen zu begehen. Dabei riefen Bandenmitglieder aus der Türkei bei den späteren Opfern unter Verwendung des sogenannten „Call-ID Spoofing“ an, welches es einem Anrufer ermöglicht, bei dem Angerufenen etwa die Telefonnummer „030 – 110“ anzeigen zu lassen und so den Eindruck zu erwecken, der Anruf komme von der Polizei. Der Anrufer gab sich – entsprechend dem mit dem Angeklagten gefassten Tatplan – als Polizeibeamter aus, warnte vor einem unmittelbar bevorstehenden Einbruch in die Wohnung der angerufenen Person und bot in bedrängender Weise an, zur Sicherheit Wertgegenstände und Bargeld der Polizei auszuhändigen. Diese sollten die Opfer an genau bezeichnete Orte außerhalb ihrer Wohnung legen oder aus dem Fenster werfen. Bereits in der Nähe befindliche Polizeibeamte würden die Wertsachen dann „sicherstellen“. Der Angeklagte war in allen hier verfahrensgegenständlichen Fällen als Abholer tätig und nahm die deponierten Wertsachen an sich; unmittelbaren Kontakt zu den Geschädigten hatte er nicht. Für seine Tätigkeit erhielt er absprachegemäß jeweils ein Drittel der Beute; im letzten Fall wurde er vor der Aufteilung der Beute festgenommen.“

Durch das Landgericht war der Angeklagte daher wegen gewerbs- und bandenmäßigen Betruges in Tateinheit mit Amtsanmaßung in zehn Fällen sowie wegen gewerbs- und bandenmäßigen Computerbetruges in sieben Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren und drei Monaten verurteilt worden. Hiergegen legte der Angeklagte – erfolglos – Revision ein. Der BGH führte aus, dass die Feststellungen die Schuldsprüche wegen (gemeinschaftlicher) Amtsanmaßung nach § 132 Alt. 1 StGB i.V.m. § 25 Abs. 2 StGB tragen.

Bei einer Tat nach § 132 Alt. 1 StGB sei eine Begehung in Mittäterschaft möglich; es handele sich nicht um ein „eigenhändiges Delikt“

Zweck des § 132 StGB sei der Schutz des Staates und seiner Behörden. Diesen drohe Gefahr, wenn Unbefugte anderen gegenüber die öffentlich-rechtlichen Funktionen eines von ihnen angeblich bekleideten Amtes in Anspruch nehmen und auf diese Weise der Schein amtlichen Handelns für Tätigkeiten erweckt wird, die in Wahrheit nicht unter der Kontrolle der staatlichen Organe zustande gekommen sind. Es handele sich um ein abstraktes Gefährdungsdelikt in Form eines schlichten Tätigkeitsdelikts.

Der Tatbestand beschreibe damit weniger ein höchstpersönliches sozialschädliches Verhalten, als vielmehr Handlungen, mit denen die abstrakte Gefährdung des Bürgervertrauens in die legitime Staatsmacht einhergeht. Das maßgebliche Unrecht des § 132 StGB liege in der Gefährdung des geschützten Rechtsguts, nicht in einem eigenhändigen, verwerflichen Tun. Systematische oder historische Gründe stehen diesem Ergebnis nicht entgegen.

Rechtsanwalt Steffen Dietrich, Strafverteidiger in Berlin-Kreuzberg

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