Ist eine Handlung exhibitionistisch, wenn sie der Vorbereitung eines anderen Sexualdelikts dient?
Während exhibitionistische Handlungen im Rahmen des Studiums kaum eine Rolle spielen, hört man in der Praxis des Öfteren von Vorfällen, in denen Männer ihr Geschlechtsteil in der Öffentlichkeit zeigen. Ein solches Verhalten kann eine exhibitionistische Handlung darstellen und gemäß § 183 StGB (Strafgesetzbuch) bestraft werden.
§ 183 Abs. 1 StGB lautet indes wie folgt: „Ein Mann, der eine andere Person durch eine exhibitionistische Handlung belästigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.“
Die Vorschrift schützt den Einzelnen vor aufgedrängter Konfrontation mit fremder und beziehungsloser Sexualbetätigung, die häufig als schockierend und bedrohlich empfunden wird und zu nachhaltigen psychischen Schäden führen kann.
Um den Tatbestand des § 183 Abs. 1 StGB zu erfüllen, muss das entblößte primäre Geschlechtsteil – das männliche Glied – einer anderen Person gegenüber ohne dessen Einverständnis vorgezeigt werden. Durch diese Handlung muss die andere Person belästigt werden, der Vorfall muss bei ihr also Unlustgefühle, wie Ekel, Abscheu, Scham, Schrecken oder Entsetzen hervorrufen. Gefühle wie Neugier, Verwunderung oder Belustigung reichen hingegen nicht aus. Weiter muss mit dem Ziel gehandelt werden, sich entweder allein durch das Vorzeigen des Glieds oder zusätzlich durch die Reaktion der anderen Person sexuell zu erregen, seine Erregung zu steigern oder zu befriedigen. Soll mit dem Entblößen des Glieds nur provoziert werden, liegt keine exhibitionistische Handlung vor.
Ob das Vorliegen einer exhibitionistischen Handlung auch dann verneint werden muss, wenn die Handlung des Entblößens lediglich der Vorbereitung eines anderen Sexualdelikts dient, beschäftigte den Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung vom 19. September 2018 (2 StR 153/18).
In dem, dem Urteil zugrunde liegenden Fall, kam der Beschuldigte nackt aus dem Badezimmer ins Wohnzimmer. Er ging auf den 14-jährigen Betroffenen zu, wobei er mit der Hand an seinem Penis manipulierte. Der Betroffene fühlte sich hierdurch sexuell belästigt. Der Beschuldigte kam so nahe auf den Betroffenen zu, dass sein Penis noch etwa eine Armlänge von dessen Gesicht entfernt war. Dies verstand dieser, wie vom Beschuldigten gewollt, als Aufforderung den Penis zu berühren. Der Betroffene drückte den Beschuldigten mit seinen Beinen zurück. Der Beschuldigte ließ daraufhin von dem Jungen ab.
Das Landgericht verurteilte den Angeklagten wegen sexuellen Übergriffs in Tateinheit mit exhibitionistischer Handlung.
Dies sah der Bundesgerichtshof jedoch anders und legte dar, dass die Feststellungen des Landgerichts eine tateinheitliche Verurteilung wegen exhibitionistischer Handlung nicht tragen.
Ziel des Vorzeigens des entblößten Gliedes durch den Beschuldigten müsse der sexuelle Lustgewinn sein. Dient die Handlung dagegen lediglich der Vorbereitung eines anderen Sexualdelikts, sei sie nicht exhibitionistisch. Dass der Beschuldigte durch Vorzeigen seines Gliedes auf sexuelle Erregung abzielte habe das LG nicht dargelegt. Die Sache wurde daher zurückverwiesen.