Keine Beteiligung bei bloßer Kenntnis von einer Straftat
Immer wieder befassen sich die Gerichte mit der Frage, ab wann die Kenntnis und das Billigen der Straftat eines anderen für den Mitwissenden strafrechtlich relevant werden.
Fest steht: Allein die Kenntnis von einer Straftat begründet keine Beihilfe zu dieser. Anders ist es jedoch, wenn der Mitwissende den Täter durch einen Beitrag zur Tat irgendwie fördert und unterstützt, auch wenn es sich lediglich um eine psychische Unterstützung handelt. Die Abgrenzung zwischen Beteiligung und strafloser Mitwisserschaft gelingt Gerichten nicht immer, wie eine aktuelle Entscheidung des Bundesgerichtshofes (BGH) vom 18. Juni 2019 – 5 StR 51/19 zeigt.
Hintergrund der Entscheidung war folgender Sachverhalt:
Der Angeklagte hatte sich einer aus der Türkei agierenden Gruppe um den gesondert Verfolgten C angeschlossen. Die Gruppe beging Betrugstaten zum Nachteil älterer Menschen. Die Rolle des gesondert Verfolgten C war dabei, als vorgeblich deutscher Kriminalbeamter potentiellen Opfern telefonisch einen kurz bevorstehenden Überfall auf deren Wohnung oder Bank vorzutäuschen. Die Opfer sollten dadurch dazu bewegt werden, ihre Vermögenswerte vorübergehend in polizeiliche Verwahrung zu geben. Willigten die Opfer ein, beauftragte der gesondert Verfolgte C den Angeklagten telefonisch mit der Abholung der Beute. Der Angeklagte sollte zu den Geschädigten fahren und sich die Wertgegenstände als vorgeblicher Polizeibeamter aushändigen lassen.
Das gegenständliche Vorhaben scheiterte jedoch, weil der Angeklagte und der gesondert Verfolgte C davon ausgingen, von der Polizei entdeckt worden zu sein. Um einer drohenden Festnahme zu entgehen, wurde das Vorgehen während der Fahrt des Angeklagten zum Übergabeort abgebrochen.
Das Landgericht Hamburg hatte den Angeklagten wegen gewerbs- und bandenmäßigen Betruges in Tateinheit mit Amtsanmaßung in zwei Fällen und versuchten gewerbs- und bandenmäßigen Betruges in Tateinheit mit Amtsanmaßung in vier Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten verurteilt. Gegen das Urteil hatte der Angeklagte Revision zum BGH eingelegt.
Der BGH stellte nun fest, dass sich der Angeklagte weder als Täter noch als Gehilfe einer Amtsanmaßung strafbar gemacht hat.
Eine Täterschaft lehnte der BGH ab, da der Angeklagte den Opfern zu keinem Zeitpunkt selbst als Polizeibeamter gegenübergetreten war. Er habe sich damit nicht selbst ein öffentliches Amt angemaßt.
Auch eine strafbare Beteiligung kam für den BGH nicht in Betracht, da der Angeklagte keinen konkreten Tatbeitrag zu der Amtsanmaßung des gesondert Verfolgten C geleistet hatte. Zwar hatte der Angeklagte gebilligt, dass sich der gesondert Verfolgte C als Kriminalbeamter ausgeben würde. Die bloße Kenntnis von der Tat und deren Billigung stellt aber nach der Rechtsprechung des BGH keine strafbare Beteiligung dar, wenn ein objektiv fördernder Tatbeitrag nicht erbracht wird.
Der Angeklagte wurde demnach vom Landgericht Hamburg zu Unrecht auch wegen Amtsanmaßung verurteilt.
Rechtsanwalt Steffen Dietrich, Fachanwalt für Strafrecht aus Berlin