(Keine) Betrugstäuschung bei Erstattungsanträgen für die private Krankenversicherung

Die Voraussetzung für den Aufwendungsersatz durch eine private Krankenversicherung ist nach den Musterbedingungen nicht die Zahlung einer Rechnung, sondern bereits das Eingehen einer Verbindlichkeit. Mithin ist die Einreichung eines Erstattungsantrags keine Täuschungshandlung.

Zum Sachverhalt und der Entscheidung des Landgerichts Köln

Der angeklagte Arzt ist privat krankenversichert gewesen und wurde bei einem Unfall am Oberschenkel verletzt. Der Angeklagte beantragte dann unter Vorlage von Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen seines Hausarztes Zahlungen von seiner Versicherung. Tatsächlich arbeitete der Arzt aber täglich in seiner Praxis und bezog dennoch Krankentagegeld von seinem Versicherer. Zudem beantragte der Angeklagte die Erstattung für physiotherapeutische Leistungen, welche diesem vom Physiotherapeuten in Rechnung gestellt wurden, er aber selbst noch nicht bezahlt hatte.

Der Angeklagte wurde vom Landgericht unter anderem wegen Betruges verurteilt. Der Angeklagte legte eine Revision gegen die Verurteilung wegen Betruges ein und das Rechtsmittel hatte teils Erfolg.

Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 13.03.2024 (2 StR 119/23 [LG Köln])

Durch das LG wäre nicht rechtsfehlerfrei festgestellt worden, dass der Angeklagte den objektiven Tatbestand des Betruges § 263 Abs. 1 StGB erfüllt hätte. Es konnte weder ein betrugsrelevanter Vermögensschaden noch ein Irrtum des Versicherers nachgewiesen werden.

Für die Fälligkeit eines gegen den Versicherer gerichteten Anspruchs gem. § 192  Abs. 1 VVG müsse es nicht auf die Bezahlung einer Rechnung ankommen. Der auf Erstattung von Aufwendungen gerichtete Anspruch des Angeklagten gegen seine Versicherung könne fällig sein, wenn der Angeklagte als Versicherungsnehmer die von ihm geforderten Nachweise erbracht habe, also Belege über entstandene Kosten, ohne dass tatsächlich die Zahlung der Rechnung nachgewiesen werden müsse.

Wenn der Versicherungsvertrag auf den Musterbedingungen für die private Krankenversicherung beruhe, wäre eine Bezahlung der Arztrechnung durch den Versicherungsnehmer keine vertragliche Voraussetzung für eine Auszahlung der Versicherungsleistung oder deren Fälligkeit gewesen. Der Anspruch aus dem Versicherungsvertrag wäre dann auf den Ersatz von Aufwendung gerichtet gewesen. Eine solche Aufwendung sei in der privaten Krankenversicherung nicht erst eine Zahlung, sondern schon die Eingehung einer Verbindlichkeit. Eine private Krankenkasse sei eine Passivenversicherung. Ein Aufwendungsersatzanspruch des Versicherungsnehmers gegen den Versicherer liege bereits dann vor, wenn ein Anspruch des Leistungserbringers gegen ihn entstanden sei. Einen Nachweis, dass belegte Rechnungen bereits bezahlt wurden, müsse ein Versicherungsnehmer nicht führen.

Rechtsanwalt Steffen Dietrich, Strafverteidiger aus Berlin-Kreuzberg

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