Kontoeröffnungsbetrug – Vermögensschaden bei Ausstellung einer EC-Karte
Ein Vermögenschaden im Sinne eines Betruges gemäß § 263 StGB setzt nicht notwendiger weise voraus, dass bereits eine Vermögensverschiebung zulasten des Opfers erfolgte. Nach der Figur der schadensgleichen Vermögensgefährdung kann ein Vermögensschaden dann vorliegen, wenn Vermögenswerte konkret gefährdet sind, so dass nach wirtschaftlicher Betrachtungswiese bereits eine Verschlechterung der gegenwärtigen Vermögenslage eingetreten ist. Infolge der Entwicklung des Begriffs der schadensgleichen Vermögensgefährdung entwickelte sich eine mannigfaltige Einzelfallrechtsprechung, wann in bestimmten Situationen und unter welchen Umständen ein Vermögensschaden in Form eines Gefährdungsschadens vorliegt. Dies führte sogar soweit, dass sich das Bundesverfassungsgericht mit der Bestimmtheit dieser Rechtsfigur auseinander zu setzten hatte (vgl. 2 BVR 1980/07).
In die Entwicklung der Rechtsprechung des Begriffs des Gefährdungsschadens reiht sich auch der Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 8. Oktober 2019 (2 StR 83/19) ein, in welchem dieser sich mit dem Vorliegen eines Gefährdungsschadens infolge der täuschungsbedingten Ausstellung von Bankkarten, insbesondere EC-Karten befasste.
Der Angeklagte oder ein unbekannt gebliebener Mittäter eröffnete unter Vorlage gefälschter Unterlagen zwischen August 2016 und August 2017 in 19 Fällen Konten bei verschiedenen Bankinstituten. Hierdurch verschaffte sich der Angeklagte den Besitz an der Bankkarte und der PIN. Mit diesem Vorgehen verband der Angeklagte jeweils die Absicht, das Konto als Zielkonto für Überweisungsbetrügereien zu nutzen und den Geldinstituten durch Täuschung über seine Identität die Durchsetzung von Forderungen unmöglich zu machen.
Der BGH machte im Anschluss hieran Ausführungen, wann die Ausstellung einer EC-Karte einen Gefährdungsschaden im Fall des Kontoeröffnungsbetrugs begründet. Zwar kann in Fällen des Kontoeröffnungsbetrugs ein Schaden in Form einer schadensgleichen Vermögensgefährdung schon dann vorliegen, wenn der Täter unter Vorlage eines gefälschten Ausweises und Täuschung über seine Zahlungswilligkeit bei einer Bank Konten eröffnet und ihm antragsgemäß Kreditkarten oder EC-Karten ausgehändigt werden bzw. wenn ihm ein Überziehungskredit eingeräumt wird.
Bei der Überlassung von EC-Karten muss es sich für die Annahme eines Gefährdungsschadens allerdings um eine Karte handeln, für die die kartenausgebende Bank eine Garantie für die Zahlung übernommen hat. Ist dies nicht der Fall, tritt ein etwaiger Schaden durch die Kartennutzung nicht bei der Bank, sondern beim jeweiligen Geschäftspartner ein.
Im Zuge dessen wiederholt der BGH seine bereits seit 2008 bestehende Rechtsprechung (vgl. BGH Beschl. 4 v. 18. November 2008 – 4 StR 485/08), welche bei der Begründung eines Gefährdungsschadens die Besonderheiten der Ausstellung von EC-Karten gegenüber regulären Kreditkarten in den Blick nimmt. Mit der Ausstellung einer Kreditkarte hat der Täter meist bereits Zugriff auf ein Dispolimit, welches es ihm ermöglicht, auf Kosten des ausstellenden Instituts Kredite abzurufen. Dies ist bezüglich einer EC-Karte üblicherweise nicht der Fall, weshalb das ausstellende Institut bei der Ausstellung der Karte nur dann in seinem Vermögen gefährdet sein kann, wenn dieses dem Karteninhaber einen mit einem Dispolimit vergleichbaren Überziehungskredit eingeräumt hat. Mit dem Abstellen auf eine Zahlungsgarantie bezüglich EC-Karten nimmt der BGH auf die besondere Umstände bei der Ausstellung einer EC-Karte Bezug, welche nur in bestimmten Fällen tatsächlich geeignet ist, einen Schaden beim Ausstellungsinstitut herbeizuführen und wird den besonderen Anforderungen an einen Gefährdungsschaden bei Ausstellung einer EC-Karte gegenüber einer Kreditkarte gerecht.
Rechtsanwalt Dietrich, Fachanwalt für Strafrecht Berlin