Ladendiebstahl mit Messerangriff – Freiwilliger Rücktritt
Der Versuch und der Rücktritt sind zwei Themen, die einem immer mal wieder in einer Strafrechtsklausur begegnen können und regelmäßig Probleme mit sich bringen. Wer freiwillig die weitere Ausführung der Tat aufgibt, wird nach § 24 Abs. 1 S. 1 StGB nicht wegen Versuchs bestraft. Ein fehlgeschlagener Versuch liegt dahingegen nach Auffassung des Bundesgerichtshofes dann vor, wenn die Tat nach Misslingen des zunächst vorgestellten Tatablaufs mit den bereits eingesetzten oder anderen naheliegenden Mitteln objektiv nicht mehr vollendet werden kann, ohne dass eine ganz neue Handlung- und Kausalkette in Gang gesetzt werden muss, und der Täter dies erkennt, oder wenn er subjektiv die Vollendung nicht mehr für möglich hält.
Ob fehlgeschlagener Versuch oder freiwilliger Rücktritt hat auch der Bundesgerichtshof (3 StR 137/23) in seinem Beschluss vom 16. Mai 2023 entschieden. Nach den Feststellungen des Landgerichts Oldenburg versuchte der Angeklagte einen Supermarkt zu verlassen, ohne für die Ware zu bezahlen, die er in seinem Rucksack versteckte. Als er vom Ladendetektiv angesprochen wurde, griff der Angeklagte diesen mit einem Messer an, um die Beute zu sichern und sich einer Festnahme zu entziehen. Der Geschädigte wich jedoch zurück und blieb daraufhin distanziert zum Angeklagten. Der Angeklagte konnte sodann mit der Beute fliehen.
Das Landgericht Oldenburg stellte in seinem Beschluss fest, dass der Körperverletzungsversuch bereits beendet und fehlgeschlagen sei, jedenfalls der Rücktritt aber nicht freiwillig gewesen sei. Der Bundesgerichtshof war jedoch anderer Auffassung und begründet in seinem Beschluss, inwiefern hier die Voraussetzungen eines freiwilligen Rücktritts vorliegen und es sich bei der Tat nicht um einen fehlgeschlagenen Versuch handelt. Der BGH führte in seinem Beschluss aus, dass der Versuch nicht fehlgeschlagen und unbeendet war, als der Geschädigte zurückwich, da der Angeklagte weiterhin auf ihn hätte einstechen können. Obwohl der Ladendetektiv zurückwich, hatte der Angeklagte weiterhin die Möglichkeit weiter auf ihn einzuwirken. Er hätte zwar dann nach seinem Vorstellungsbild nicht mehr mit der Beute flüchten können, entscheidend ist jedoch, ob er rein tatsächlich in der Lage gewesen wäre, den Geschädigten weiter anzugreifen. Der Angeklagte gab den Versuch daraufhin freiwillig im Sinne des § 24 Abs. 1 StGB auf, um mit der Beute zu flüchten.
Rechtsanwalt Steffen Dietrich, Strafverteidiger aus Berlin-Kreuzberg