Wann die Ablehnung eines Richters wegen Besorgnis der Befangenheit in Betracht kommt

In einem Strafverfahren gibt es die Möglichkeit, einen Richter wegen Besorgnis der Befangenheit abzulehnen. Die Ablehnung wegen Besorgnis der Befangenheit findet gemäß § 24 Abs. 2 der Strafprozessordnung (StPO) statt, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit eines Richters zu rechtfertigen. Dies ist der Fall, wenn der Ablehnende bei verständiger Würdigung des ihm bekannten Sachverhalts Grund zu der Annahme hat, dass der abgelehnte Richter ihm gegenüber eine innere Haltung eingenommen hat, die seine Unparteilichkeit und Unvoreingenommenheit störend beeinflussen kann. Der Bundesgerichtshof musste sich in seiner Entscheidung vom 29. Januar 2021 (AnwSt (B) 4/20) zu den Voraussetzungen eines...

Verwertbarkeit der Angaben aus einer ermittlungsrichterlichen Vernehmung einer Zeugin

In einem Strafverfahren kann eine Zeugenaussage ein äußerst signifikantes Beweismittel sein. So kann ein Zeuge für eine Aussage vorgeladen werden; ein Zeuge kann aber auch von sich aus zur Polizei gehen und eine Aussage machen. Im Rahmen einer richterlichen Vernehmung eines Zeugen gem. § 168c Abs. 2 Satz 1 StPO ist der Staatsanwaltschaft, dem Beschuldigten und dem Verteidiger grundsätzlich die Anwesenheit gestattet und sie sind gem. Abs. 5 hierrüber vorher zu benachrichtigen. In seinem Beschluss vom 24. Juni 2021 musste sich der Bundesgerichtshof (5 StR 67/21) mit der Frage befassen, ob die Aussage einer Zeugin in einem Strafverfahren rechtsfehlerhaft verwendet...

Tötung eines schwer geschädigten Zwillings nach der Geburt

Wer eine Schwangerschaft abbricht, wird gem. § 218 Abs. 1 Strafgesetzbuch (StGB) mit einer Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Hierunter fällt jede Einwirkung auf die Schwangere oder die sog. Leibesfrucht, die zum Absterben letzterer führt. Als Leibesfrucht bezeichnet man den ungeborenen Menschen, beginnend mit dem Abschluss der Einnistung des befruchteten menschlichen Eies in der Gebärmutter. Indes kann ein Schwangerschaftsabbruch in bestimmten Situationen straffrei sein. So kann ein Schwangerschaftsabbruch straflos sein, wenn rechtfertigende Indikationen vorliegen. Dies ist beispielsweise gem. § 218a Abs. 2 StGB anzunehmen, wenn für die Schwangere Lebensgefahr oder die Gefahr einer schwerwiegenden Beeinträchtigung des...

Macht sich ein bloßer Drogenkurier als Mittäter wegen unerlaubtem Handeltreiben strafbar?

Wer mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge unerlaubt Handel treibt, wird gemäß § 29a Abs. 1 Nr. 2 des Betäubungsmittelgesetzes (BtMG) mit einer Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr bestraft. Wenn eine Person dazu lediglich Beihilfe im Sinne des § 27 Strafgesetzbuch (StGB) leistet, den Täter bei der Begehung der Straftat also nur als Gehilfe unterstützt, ist die Strafe für den Gehilfen nach § 49 Abs. 1 StGB zu mildern. Das Mindestmaß der Freiheitsstrafe liegt dann nur noch bei drei Monaten. In seinem Beschluss vom 13. April 2021 (4 StR 506/20) musste der Bundesgerichtshof beurteilen, ob das Verhalten eines Drogenkuriers lediglich eine Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben darstellt...

Arzt filmte Untersuchungen – Sexueller Missbrauch durch den Frauenarzt

Es kommt häufig vor, dass eine Person mit einer geistigen, seelischen oder körperlichen Krankheit oder Behinderung einem Arzt, Pfleger, Therapeuten, etc. zur Behandlung, Betreuung oder Beratung anvertraut wird. Hierbei handelt es sich um ein schützenswertes Vertrauensverhältnis. Wer sexuelle Handlungen an einer Person, die ihm wegen einer körperlichen Krankheit oder Behinderung zur Beratung, Behandlung oder Betreuung anvertraut ist, unter Missbrauch des Beratungs-, Behandlungs- oder Betreuungsverhältnisses vornimmt, wird gemäß § 174c Abs. 1 Strafgesetzbuch (StGB) mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft. Ob auch bei Vorsorgeuntersuchungen bei einem Frauenarzt ein schützenswertes Vertrauensverhältnis im Sinne des § 174c Abs. 1 StGB besteht, beschäftigte den...

Gefährliches Fahrmanöver– Wann kann ein Tötungsvorsatz im Rahmen eines versuchten Totschlags angenommen werden?

Wer einen Menschen tötet, ohne Mörder zu sein, wird gem. § 212 Strafgesetzbuch (StGB) mit Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren bestraft. Hierbei ist im Rahmen des subjektiven Tatbestands ein Tötungsvorsatz erforderlich, wobei ein bedingter Vorsatz ausreicht. In rechtswissenschaftlichen Strafrechtsklausuren begegnet einem häufig die Problematik der Abgrenzung zwischen bedingtem Vorsatz und bewusster Fahrlässigkeit, so dass es essentiell ist, sich damit auseinanderzusetzen. In dem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 10. Juni 2021 (4 StR 312/20) musste sich der Bundesgerichtshof damit befassen, wann bei einem gefährlichen Fahrmanöver eines Autofahrers ein bedingter Tötungsvorsatz angenommen werden kann. In dem, der Entscheidung des Bundesgerichtshofes zugrundeliegenden Fall fuhr...

Wechsel des Pflichtverteidigers wegen Störung des Vertrauensverhältnisses

In einem Strafverfahren kann es aus verschiedenen Gründen zu einer notwendigen Verteidigung des Beschuldigten kommen. In diesen Fällen ist sodann gem. § 140 StPO ein Pflichtverteidiger zu bestellen. Innerhalb dieser Pflichtverteidigung kann es an einem Punkt durchaus vorkommen, dass eine angemessene Verteidigung des Beschuldigten nicht mehr gewährleistet ist. Dies kann beispielsweise anzunehmen sein, wenn das Vertrauensverhältnis zwischen dem Verteidiger und dem Beschuldigtem endgültig zerstört ist. Eine Störung des Vertrauensverhältnisses ist hierbei aus Sicht eines verständigen Beschuldigten zu beurteilen und von diesem oder seinem Verteidiger substantiiert darzulegen. Ein gestörtes Vertrauensverhältnis liegt z. B. vor, wenn ein inhaftierter Beschuldigter längere Zeit nicht...