Die Beleidigung und die sog. „beleidigungsfreie Sphäre“

Die Beleidigung wird in rechtswissenschaftlichen Strafrechtsklausuren immer mal wieder abgefragt und auch in der Praxis kommt es im Rahmen einer aufgeheizten Situation nicht gerade selten zu strafrechtlich relevanten Äußerungen, die eine Anzeigenerstattung wegen Beleidigung zur Folge haben. Es ist daher wichtig, sich mit dem Tatbestand der Beleidigung näher auseinanderzusetzen. Strafrechtlich geregelt ist die Beleidigung in § 185 des Strafgesetzbuches (StGB). Dort heißt es: „Die Beleidigung wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe und, wenn die Beleidigung öffentlich, in einer Versammlung, durch Verbreiten eines Inhalts (§ 11 Absatz 3) oder mittels einer Tätlichkeit begangen wird, mit Freiheitsstrafe bis...

Über die Faulheit (oder Überlastung?) eines Leitenden Oberstaatsanwalts

Wenn ein Betroffener nicht sicher ist, ob derzeit gegen ihn ermittelt wird, ist es einem Anwalt möglich, durch Nachfragen bei der Staatsanwaltschaft in Erfahrung zu bringen, ob gegenwärtig Ermittlungsverfahren gegen den Betroffenen anhängig sind. So lief es neulich auch mit einem meiner Mandanten ab. Nachdem ich mich bei der Staatsanwaltschaft als Verteidiger angezeigt und um Bekanntgabe aller bestehenden Ermittlungsverfahren gebeten habe, sind mir die verschiedenen Ermittlungsverfahren von dem Leitenden Oberstaatsanwalt in Berlin mitgeteilt worden. Darüber hinaus bin ich in aller Höflichkeit darauf hingewiesen worden, dass eine Weiterleitung meines Schreibens an die zuständigen Geschäftsstellen von dort aus nicht erfolgt, „da sich...

Anspucken als tätlicher Angriff auf Polizisten

Der Tatbestand des tätlichen Angriffs auf Vollstreckungsbeamte gemäß § 114 StGB ist erst 2017 im Zuge einer Änderung des Strafgesetzbuches zur Stärkung des Schutzes von Vollstreckungsbeamten eingeführt worden und mittlerweile nicht mehr wegzudenken. Gemäß § 114 Abs. 1 StGB wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft, wer einen Amtsträger oder Soldaten der Bundeswehr, der zur Vollstreckung von Gesetzen, Rechtsverordnungen, Urteilen, Gerichtsbeschlüssen oder Verfügungen berufen ist, bei einer Diensthandlung tätlich angreift. Dabei versteht man unter einem tätlichen Eingriff eine unmittelbar auf den Körper zielende feindselige Einwirkung. Dass diese Einwirkung zu einer Körperverletzung führt, ist indes nicht erforderlich....

Ausnutzung einer Zwangslage bei sexuellem Missbrauch eines Jugendlichen

Wer eine Person unter achtzehn Jahren dadurch missbraucht, dass er unter Ausnutzung einer Zwangslage sexuelle Handlungen an ihr vornimmt oder an sich von ihr vornehmen lässt, wird gem. § 182 Abs. 1 StGB mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Die bei einem sexuellen Missbrauch eines Jugendlichen erforderliche „Zwangslage“ ist anzunehmen bei bedrängenden Umständen von Gewicht, denen in spezifischer Weise die Gefahr anhaftet, sexuellen Übergriffen gegenüber einem Jugendlichen in einer Weise Vorschub zu leisten, dass sich der Jugendliche ihnen nicht ohne weiteres entziehen kann. In seinem Beschluss vom 16. Juni 2020 musste sich der Bundesgerichtshof (6 StR...

Der „Deal“ im Strafprozess

Zu einer Verständigung (sog. „Deal“) zwischen den Verfahrensbeteiligten gemäß § 257c StPO kommt es in einem Strafprozess immer wieder. Bei einem solchen Deal einigt sich das Gericht im Rahmen der Hauptverhandlung mit den Verfahrensbeteiligten darauf, wie das Urteil in seinen Grundzügen ausfallen soll. Die Verständigung ist dabei auf das Strafmaß begrenzt und erfordert in jedem Fall ein Geständnis des Beteiligten. Wichtig ist auch, dass sowohl der Angeklagte als auch die Staatsanwaltschaft dem Deal zustimmen. Dabei stellen nicht nur die geringere Strafe, sondern auch die Gewissheit über den Ausgang des Verfahrens sowie eine insgesamt kürzere und weniger nervenaufreibende Verfahrensdauer für den...

Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs durch Bildaufnahmen von Kindern im Schlafraum einer Kindertagesstätte

Im Zeitalter des technischen Fortschritts, in dem es neben Smartphones auch Webcams, sog. „Spycams“ und co. gibt, ist es möglich, dass alles und jeder jederzeit aufgenommen und mit rasanter Geschwindigkeit über das Internet verbreitet und mit unzähligen Personen geteilt wird. Dies kann zu Problemen führen, wenn es sich dabei um unbefugte Aufnahmen handelt, die den höchstpersönlichen Lebensbereich einer Person betreffen und daher strafrechtlich von Relevanz sind. Konkret betroffen ist dann häufig der Straftatbestand der Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs gemäß § 201a StGB, der eine Geldstrafe oder eine Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren vorsieht. Der Gesetzgeber bezweckte mit der Einführung der am 6....

Sexuelle Selbstbestimmung – Der sexuelle Missbrauch von Jugendlichen

Wer als Person über 21 Jahren eine Person unter 16 Jahren dadurch missbraucht, dass er sexuelle Handlungen an ihr vornimmt oder von ihr an sich vornehmen lässt und dabei die ihm gegenüber fehlende Fähigkeit des Opfers zur sexuellen Selbstbestimmung ausnutzt, wird gem. § 182 Abs. 3 Nr. 1 StGB wegen sexuellen Missbrauchs von Jugendlichen bestraft. Das vorausgesetzte Fehlen der Fähigkeit zur sexuellen Selbstbestimmung i. S. d. § 182 Abs. 3 Nr. 1 StGB gegenüber dem Täter ergibt sich nicht schon allein aus dem Umstand, dass die betroffene jugendliche Person unter sechszehn Jahren alt ist. Es bedarf vielmehr der konkreten Feststellung...