Das Absehen von Strafe

Selbst wenn man eine Straftat schuldhaft begangen hat, kann ein Strafgericht gänzlich von einer Strafe absehen. Wann dies möglich ist, ist in § 60 StGB geregelt: „Das Gericht sieht von Strafe ab, wenn die Folgen der Tat, die den Täter getroffen haben, so schwer sind, dass die Verhängung einer Strafe offensichtlich verfehlt wäre. Dies gilt nicht, wenn der Täter für die Tat eine Freiheitsstrafe von mehr als einem Jahr verwirkt hat.“ Ein Absehen von Strafe kommt demnach in Betracht, wenn der Beschuldigte durch die Tat bereits einen hohen, zum Beispiel wirtschaftlichen oder persönlichen, Schaden erlitten hat und die zusätzliche Verhängung einer Strafe auf...

Die glühende Zigarette als gefährliches Werkzeug gemäß § 224 Absatz 1 Nr. 2 StGB

Der Begriff des gefährlichen Werkzeugs ist so streitumrankt wie wohl kaum ein anderer Begriff im besonderen Teil des Strafgesetzbuchs. Aufzufinden ist er in § 224 Absatz 1 Nr. 2 StGB bezüglich der Körperverletzung, jedoch auch in § 244 Absatz 1 Nr. 1a StGB und in § 250 Absatz 1 Nr. 1a StGB im Rahmen der Diebstahls- und Raubdelikte. Angesichts der Häufigkeit entsprechender Straftaten hat die Frage, wann ein bestimmter Gegenstand ein gefährliches Werkzeug darstellt, erhebliche Praxisrelevanz. Die Folge hiervon ist eine stark ausdifferenzierte Einzelfallrechtsprechung, welche die Werkzeugqualität einzelner Gegenstände zum Thema hat. Der heutige Beitrag befasst sich mit einem BGH-Urteil...

Teilweises Zerstören eines teils zu Wohnzwecken genutzten Gebäudes – schwere Brandstiftung?

Strafbarkeit wegen schwerer Brandstiftung kann nicht nur bei Brand des Tatobjekts vorliegen, sondern kann gemäß § 306 Absatz 1 StGB bereits dann gegeben sein, wenn der Täter ein Gebäude, welches der Wohnung von Menschen dient, durch eine Brandlegung ganz oder teilweise zerstört. Es ist somit nicht erforderlich, dass das Gebäude selbst Feuer fängt. Vielmehr genügt es, wenn die Zerstörungsfolgen im Zuge der Brandlegung entstehen. Es liegen unzweifelhaft entsprechende Zerstörungsfolgen vor, wenn die Brandlegung in einem rein zu Wohnzwecken dienenden Gebäude erfolgt und dieses anschließend nicht mehr bewohnbar ist. Fraglich ist jedoch der Umgang mit zu Wohn- und Gewerbezwecken gemischt genutzten...

Wann liegt bei einem ärztlichem Heileingriff eine Körperverletzung vor?

Die Frage, ob ein ärztlicher Heileingriff den Tatbestand der Körperverletzung erfüllt, hat sich als ein Dauerbrenner medizinstrafrechtlicher Erörterungen erwiesen und muss auch immer wieder vom Bundesgerichtshof entschieden werden. In seiner Entscheidung vom 26. Mai 2020 (2 StR 434/19) musste sich der Bundesgerichtshof nun mit der Frage auseinandersetzen, ob eine Körperverletzung auch dann vorliegt, wenn der Eingriff in die körperliche Unversehrtheit nicht durch einen Arzt, sondern durch eine Pflegekraft sogleich aber in heilender Absicht erfolgt. Auch musste er sich damit beschäftigen, ob in einem solchen Fall eine rechtfertigende Einwilligung in Betracht kommt.   Der Angeklagte war vorliegend als examinierte Pflegekraft in...

Verbreitung kinderpornographischer Inhalte – Bestimmung des Begriffs der sexuell aufreizenden Wiedergabe

Wegen Verbreitung kinderpornographischer Schriften macht sich strafbar, wer gemäß § 184b Absatz 1 Nr. 1c StGB einen kinderpornographischen Inhalt verbreitet, der die sexuell aufreizende Wiedergabe der unbekleideten Genitalien oder des unbekleideten Gesäßes eines Kindes zum Gegenstand hat. Hierbei stellt sich die Frage, wodurch eine bildliche Wiedergabe als „aufreizend“ qualifiziert wird. Ein gängiges Beispiel sind Familienfotos von nackten Kindern. Dem Sinn des § 184b Absatz 1 Nr. 1c StGB entspricht es gerade nicht, harmlose Aufnahmen als kinderpornographische Inhalte zu qualifizieren. Somit ist fraglich, nach welchen Kriterien eine Wiedergabe aufreizend ist. Möglich ist es, sowohl auf den objektiven Inhalt der Aufnahme oder...

Die Urkundenqualität von Kunstwerken

Was unter den Begriff der Urkunde im Sinne der Urkundenfälschung gemäß § 267 StGB fällt, kann weit über das geläufig angenommene unterschriebene Schriftstück hinausgehen. So kann unter anderem ein an einem Kfz befestigtes Kennzeichen oder ein mit einem Preisticket versehener Gegenstand Urkundenqualität haben. Urkunden im Sinne des § 267 StGB sind verkörperte menschliche Gedankenerklärungen, die geeignet und bestimmt sind, im Rechtsverkehr Beweis zu erbringen und die ihren Aussteller erkennen lassen. Anhand dieses Maßstabes hatte sich der Bundesgerichtshof in seinem Beschluss vom 19. Mai 2020 (2 StR 398/19) mit einem Kunstwerk und der Frage zu befassen, wann ein solches eine Urkunde...

Gebrauchen einer unechten Urkunde durch Überreichen einer Kopie

Der Bundesgerichtshof befasste sich in seinem Urteil vom 27. Mai 2020 (5 StR 433/19) mit einem typischen Problemfeld der Urkundendelikte: der Urkunde und der Fotokopie. Ein Täter stellt eine unechte Urkunde im Sinne des § 267 Absatz 1 StGB nur dann her oder verfälscht eine echte Urkunde, wenn die von ihm hergestellte Fälschung als solche Urkundenqualität hat. Urkunden im Sinne des Strafrechts sind nach Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs verkörperte Erklärungen, die ihrem gedanklichen Inhalt nach geeignet und bestimmt sind, für ein Rechtsverhältnis Beweis zu erbringen, und die ihren Aussteller erkennen lassen. Die durch einen besonderen technischen Vorgang hergestellte Fotokopie vermittelt dagegen...