Pdf-Dokumente von Arbeits- und Prüfungszeugnissen im E-Mail Anhang als Reproduktion i. S. v. § 269 StGB?
Dokumente, welche nicht als Originalurkunden mit der dadurch verkörperten Garantiefunktion erscheinen, sondern erkennbar nur als nicht mit den für eine entsprechende Urkunde typischen Authentizitätsmerkmalen versehene Kopien einer vermeintlichen Urkunde, werden von § 269 StGB nicht umfasst, mit der Ausnahme, dass das Dokument nicht den Eindruck erweckt, das Original zu sein.
Zum Sachverhalt
Nach den Feststellungen des Landgerichts soll der Angeklagte mit einem Computerprogramm Totalfälschungen von fünf Arbeitszeugnissen sowie von einem Prüfungszeugnis der IHK angefertigt haben, um diese für Bewerbungen zu verwenden. Er soll dem Zeugen W, dem Geschäftsführer der R-GmbH, die o. g. Dokumente als Teil einer Bewerbung im E-Mail Anhang gesendet haben, um den Eindruck zu erwecken, eine abgeschlossene Ausbildung als Groß- und Außenhandelskaufmann mit mehrjähriger Berufserfahrung in dem Bereich zu haben, was nicht so war.
Entscheidung des Amts- und Landgerichts
Der Angeklagte wurde vom Amtsgericht wegen Fälschung beweiserheblicher Taten in Tateinheit mit Betrug sowie wegen veruntreuender Unterschlagung verurteilt.
Das Landgericht hat auf Berufung des Angeklagten das amtsgerichtliche Urteil aufgehoben und den Angeklagten wegen Betruges und wegen veruntreuender Unterschlagung in zwei Fällen zu einer Gesamtgeldstrafe verurteilt.
Gegen dieses Urteil wurde vom Angeklagten und der Staatsanwaltschaft Revision eingelegt.
Entscheidung des Oberlandesgerichts Celle vom 15.12.2023 (1 Ors 2/23 (LG Stade)
Die Staatsanwaltschaft beanstandete mit der Revision, dass tateinheitlich zum Betrug nicht auch noch eine Verurteilung wegen Fälschung beweiserheblicher Daten erfolgt ist.
Eine Verurteilung wegen dieses Delikts läge dem OLG nach eher fern, da § 269 StGB geschaffen wurde, um eine Strafbarkeitslücke zu schließen. Diese bestehe darin, dass nicht unmittelbar lesbare oder nicht sichtbar gespeicherte Daten mangels visueller Erkennbarkeit strafrechtlich nicht vom Urkundenbegriff erfasst würden. Es sollte damit jedoch keine grundsätzliche Ausweitung des strafrechtlichen Schutzes im Bereich der Verwendung von Reproduktion von Urkunden verbunden werden.
Bezüglich E-Mail-Anhängen wird überwiegend auch danach differenziert, ob diese als originäre Erklärungsträger oder als sekundärer Beleg für die Existenz einer eingescannten Papierurkunde fungieren und damit aus dem Anwendungsbereich des § 269 herausfallen würde.
Die verfahrensgegenständlichen Dokumente würden demnach nicht von § 269 StGB erfasst werden, da Zeugnisse in der Regel als Papierdokumente ausgegeben werden, sodass ein Pdf-Dokument davon erkennbar als Reproduktion erscheine.
Dennoch hatte die Sachrüge der Staatsanwaltschaft einen Teilerfolg. Die Urteilsfeststellungen des LG zur Erstellung einer „Totalfälschung“ seien unzureichend gewesen. Das LG habe lediglich festgestellt, dass es sich bei den Dokumenten um „Totalfälschungen“ handle. Allerdings hätten Feststellungen dazu gefehlt, ob die Unterlagen überhaupt ausgedruckt wurden und sodann als Originale erscheinen oder aber als Reproduktionen zu erkennen gewesen wären. Im letzten Fall wäre der Tatbestand des § 267 I StGB nicht erfüllt gewesen. Es schiene nicht ausgeschlossen, dass der Angeklagte sich wegen Urkundenfälschung strafbar gemacht haben könnte.
Rechtsanwalt Steffen Dietrich, Strafverteidiger aus Berlin-Kreuzberg