Prostitution: ein gefährliches Geschäft
Töten um eine andere Straftat zu verdecken: das Mordmerkmal der Verdeckungsabsicht. Wer als Täter ein Opfer deswegen tötet, um dadurch eine vorangegangene Straftat oder auch Spuren dieser zu verdecken, handelt in Verdeckungsabsicht im Sinne des § 211 Abs. 2 StGB und macht sich wegen Mordes strafbar. Eine Tötung aus Verdeckungsabsicht kommt in Betracht, solange der Töter subjektiv davon ausgeht, dass die Umstände der Tat noch nicht in einem die Strafverfolgung sicherstellenden Umfang geklärt sind.
In seinem Beschluss vom 30. März 2022 hat sich der Bundesgerichtshof (4 StR 356/21) mit dem Verhältnis zwischen bedingtem Tötungsvorsatz und Mord in Verdeckungsabsicht auseinandergesetzt. Der Angeklagte im hiesigen Fall suchte am Tattag die Geschädigte auf, die auf dem Straßenstrich der Prostitution nachging. Dem Angeklagten war dabei bewusst, dass er kein Geld hatte und die Geschädigte somit nicht bezahlen konnte. Die Geschädigte verlangte keine Vorkasse und es kam zum Geschlechtsverkehr zwischen dem Angeklagten und der Geschädigten.
Nach dem Geschlechtsverkehr erklärte der Angeklagte der Geschädigten dann, dass er kein Geld bei sich habe und in den nächsten Tagen bezahlen werde. Als sie ihn daraufhin beschimpfte und anschrie, umgriff der Angeklagte mit seinem Unterarm ihren Hals, sodass die Geschädigte aufgrund einer durch das Würgen verursachten zentralen Lähmung verstarb.
Das Landgericht Dortmund verurteilte den Angeklagten wegen Mordes mit dem Mordmerkmal der Verdeckungsabsicht mit der Begründung, dass der Angeklagte die Geschädigte getötet habe, um zu verhindern, dass die umstehenden Personen von dem Betrug erfahren. Bezüglich des Vorsatzes nahm es einen bedingten Tötungsvorsatz an.
Der Bundesgerichtshof hält die Feststellung für eine Verurteilung wegen Mordes in Verdeckungsabsicht jedoch für unzureichend. Demnach sei es zwar möglich, dass ein mit bedingtem Tötungsvorsatz vorgehender Täter mit Verdeckungsabsicht handeln kann. Dies setzt jedoch voraus, dass der Täter davon ausgeht, dass die Aufdeckung der Straftat durch die Tathandlung unabhängig vom Todeserfolg verhindert werden kann.
Vorliegend wird jedoch nicht klar, ob er durch den Würgeangriff die Aufdeckung des Betrugs durch umstehende Personen verhindern wollte oder durch die Geschädigte selbst. Wenn der Angeklagte damit rechnete, dass die Straftat auch durch die Geschädigte bekannt werden wird, wäre das Mordmerkmal der Verdeckungsabsicht nicht mit dem festgestellten bedingtem Tötungsvorsatz vereinbar.
Rechtsanwalt Steffen Dietrich, Strafverteidiger aus Berlin-Kreuzberg