Räuberische Erpressung im Imbiss – Schraubendreher als gefährliches Werkzeug?
Um sich wegen Erpressung nach § 253 Strafgesetzbuch (StGB) strafbar zu machen, muss durch eine Nötigung ein Vermögensschaden beim Geschädigten herbeigeführt werden. Qualifikation dazu ist die räuberische Erpressung gem. § 255 StGB. Dafür muss ein qualifiziertes Nötigungsmittel verwendet werden. Dieses liegt vor, wenn die Gewalt gegen eine Person gerichtet wird oder wenn mit einer gegenwärtigen Gefahr für Leib oder Leben gedroht wird. Wer den Straftatbestand der räuberischen Erpressung nach § 255 StGB erfüllt, ist gleich einem Räuber zu bestrafen, weshalb auch die Vorschriften zum schweren Raub und zum Raub mit Todesfolge (§§ 250, 251 StGB) anzuwenden sind.
Wann beim Raub bzw. bei der räuberisches Erpressung bei der Tat eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug gem. § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB verwendet wird, hat der Bundesgerichtshof (5 StR 67/23) in seinem Beschluss vom 10. Juni 2023 entschieden. Im hiesigen, der Entscheidung des Bundesgerichtshofes zugrundeliegenden Sachverhalt besuchte der Angeklagte gemeinsam mit einer weiteren Person einen Imbiss. Kurze Zeit später riefen der Angeklagte und die weitere Person den Zeugen, der mit Reinigungsarbeiten beschäftigt war, zu sich. Der Angeklagte hielt einen Schraubendreher in der Hand und forderte den Zeugen dazu auf, ihm Geld aus der offenen Kasse zu geben. Den Schraubendreher hielt er dabei für den Zeugen erkennbar in der Hand. Als er das Geld hatte, hebelte er mit dem Schraubendreher den Spielautomaten auf, um die mit einem Schloss gesicherte Geldkassette zu entnehmen. Als ein Polizeibeamter auf das Geschehen aufmerksam wurde, ergriff der Angeklagte die Flucht, wurde jedoch dabei angeschossen.
Das Landgericht Berlin verurteilte den Angeklagten wegen schwerer räuberischer Erpressung gem. § 253 Abs. 1, § 255, § 250 Abs. 1 Nr. 1b StGB in Tateinheit mit versuchtem Diebstahl. Eine Strafbarkeit nach § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB, bei der der Täter bei der Tat eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug verwendet haben muss, lehnt das Landgericht ab. Demnach habe es der Angeklagte weder verwendet, noch handele es sich überhaubt um ein gefährliches Werkzeug im Sinne dieser Vorschrift.
Der Bundesgerichtshof stellt in seinem Beschluss jedoch das Gegenteil fest. Dazu führt es aus, dass das „Verwenden“ im Sinne des § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB jeden zweckgerichteten Gebrauch eines objektiv gefährlichen Tatmittels umfasst. Es genügt demnach, dass der Angeklagte seine verbale Drohung unterstrich, indem er den Schraubendreher dabei gut sichtbar in der Hand hielt und ihm bewusst war, dass der Zeuge dies wahrnahm. Außerdem stellt der Bundesgerichtshof klar, dass es sich bei einem Schraubendreher grundsätzlich um ein gefährliches Werkzeug im Sinne des § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB handelt, da dieser nach seiner objektiven Beschaffenheit geeignet ist, einem Opfer erhebliche Körperverletzungen zuzufügen.
Zuletzt führt der BGH aus, dass der Schraubendreher auch im Sinne der Vorschrift des Diebstahls mit Waffen nach § 244 abs. 1 Nr. 1a StGB ein gefährliches Werkzeug darstellt. Auch steht dem nicht entgegen, dass der Angeklagte den Schraubendreher nur als Aufbruchswerkzeug nutzte, weil die aus seiner Beschaffenheit resultierende objektive Gefährlichkeit dadurch nicht reduziert wird. Da der versuchte Diebstahl mit Waffen im Verfahren überhaupt nicht thematisiert wurde und nicht gänzlich auszuschließen ist, muss der Schuldspruch ingesamt aufgehoben werden.
Rechtsanwalt Steffen Dietrich, Strafverteidiger aus Berlin-Kreuzberg