Raubüberfall mit Messer in der Hand – keine schwere Raubqualifikation
Der Raub stellt einen der prüfungsrelevantesten Paragraphen des StGB dar. Der einfache Raub nach § 249 StGB wird als Verbindung des Diebstahls mit der qualifizierten Nötigung gesehen und mit einer Freiheitsstrafe von nicht unter einem Jahr bestraft. Der Täter muss zum Zwecke der Wegnahme die qualifizierten Nötigungsmittel der Gewalt gegen eine Person oder Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben einsetzen. Entscheidend ist dabei die Verknüpfung von Nötigung und Wegnahme. Das heißt, dass die Gewalt oder die Drohung Mittel zur Ermöglichung der Wegnahme sein müssen.
Das hohe Strafmaß begründet sich daraus, dass der Täter das höher gestellte Rechtsgut der freien Willensbetätigung des Opfers einschränkt, um Gewahrsam an einer Sache zu erlangen. Die Qualifikation des Raubes erfolgt zunächst durch die einfache Raubqualifikation gemäß § 250 Abs. 1 StGB. Das Strafmaß einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren greift etwa in Fällen des Beisichführens von Waffen oder gefährlichen Werkzeugen beim Raub. Aus diesem Grund muss sorgfältig geprüft werden, ob ein mitgeführter Gegenstand lediglich als Beisichführen qualifiziert werden kann oder bereits eine Verwendung darstellt. Nimmt man sogar die Verwendung eines gefährlichen Werkzeuges gemäß § 250 Abs. 2 StGB an, erhöht sich das ohnehin erhebliche Strafmaß von mindestens drei Jahren auf eine Freiheitsstrafe von mindestens fünf Jahren.
Der Bundesgerichtshof beschäftigt sich seit jeher mit der Frage, welche Voraussetzungen erfüllt sein müssen, um solche Fälle einer schweren Raubqualifkation durch Verwendung der gefährlichen Werkzeuge zu bejahen. Der schwere Raub gemäß § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB setzt voraus, dass der Täter eine Waffe oder ein gefährliches Werkzeug bei der Tat verwendet. Der Täter muss den Gegenstand als Mittel der Gewaltanwendung oder Drohung mit Gewalt zur Ermöglichung der Wegnahme eingesetzt haben. Für die Qualifizierung eines Raubes gem. § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB genügt es daher nicht, ein Messer offen mit sich zu führen.
In seinem Beschluss vom 08.05.2012 – 3 StR 97/12 – musste sich der Bundesgerichtshof nochmals damit auseinandersetzen, wann die Verwendung eines gefährlichen Werkzeuges anzunehmen ist. In dem zu entscheidenden Fall führte der Angeklagte ein Brotmesser mit sich, als er zusammen mit einem Mitangeklagten eine Spielhalle ausraubte. Während der Mitangeklagte eine Spielhallenaufsicht bedrohte, wartete der Angeklagte im Eingangsbereich. Zu diesem Zeitpunkt führte er das Messer sichtbar bei sich und bewachte die Eingangstür der Spielhalle. Das Landgericht hatte den Angeklagten wegen besonders schweren Raubes verurteilt. Dagegen hat der Bundesgerichtshof in seinem Beschluss entschieden, noch keine Verwendung eines gefährlichen Werkzeuges anzunehmen, wenn der Beschuldigte ein Messer lediglich offen mit sich führt.
Hinsichtlich des Messers führt der Bundesgerichtshof an, dass ein gefährliches Werkzeug nur dann bei der Tat verwendet wird, wenn das Opfer die Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib und Leben mittels des gefährlichen Werkzeugs wahrnimmt. Das Drohungsmittel muss bei dem Opfer eine Zwangslage auslösen. Dagegen ist das bloße, auch offene, Beisichführen hierzu noch nicht ausreichend. Vielmehr muss der Einsatz des Nötigungsmittels zumindest durch schlüssiges Verhalten angedroht werden. Dies wiederum unterscheidet den Tatbestand des Verwendens gemäß § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB von dem des Beisichführens gemäß § 250 Abs. 1 Nr. 1a StGB, da dort das Mitsichführen eines gefährlichen Werkzeugs bereits ausreicht. Entsprechend wird mit einer Freiheitsstrafe von nicht unter fünf Jahren die Verwendung eines gefährlichen Werkzeuges auch erheblich schärfer geahndet.
Der Bundesgerichtshof hat in seinem Beschluss vom 08.05.2012 die Verurteilung des Angeklagten wegen schweren Raubes gem. § 250 Abs. 2 Nr.1 StGB aufgehoben, da er in dem bloßen Mitsichführen noch keine Verwendung eines gefährlichen Werkzeugs sieht. Das bloße, auch offene Mitsichführen reicht noch nicht aus, um das Opfer in eine Zwangslage zu versetzen. Auch stellt das Bewachen der Eingangstür mit dem Messer keine Drohung durch schlüssiges Verhalten dar.
Rechtsanwalt Dietrich, Fachanwalt für Strafrecht in Berlin-Kreuzberg