Rezension: Malek/Popp – Strafsachen im Internet

Klaus Malek und Andreas Popp haben eine Nische im Buchmarkt ausgemacht, in dem es doch zu jedem Rechtsgebiet bereits 17 Bücher zu geben scheint: Das Internetstrafrecht.

Malek Popp Strafsachen im Internet

Strafsachen im Internet
Klaus Malek / Andreas Popp
2. Auflage 2015
185 Seiten, Softcover
ISBN 978-3-8114-8853-3
C.F. Müller
44,99 €

Was bekommt man?

Der Käufer bekommt ein sinnvoll strukturiertes Handbuch, das auf 160 Textseiten eine knappe Einführung in das Internetstrafrecht gibt. Nach einer angemessen kurzen Übersicht über die technischen Hintergründe des Internets wird zunächst auf ca. 120 Seiten das materielle Internetstrafrecht und sodann auf gut 20 Seiten das Prozessrecht behandelt. Das materielle Recht bildet somit den Schwerpunkt des Buches, wobei es dem „Allgemeinen Teil“ immerhin 25 Seiten widmet, die der Pratiker vermutlich sofort überblättern wird.. Interessant ist der Teil dennoch.

Im materiellen Teil finden sich jeweils kurze Kommentierungen von rund 25 Vorschriften, darunter § 202a StGB (Ausspähen von Daten), § 202b StGB (Abfangen von Daten, § 202c StGB (Vorbereiten des Ausspähens und Abfangens von Daten), § 303a StGB (Datenveränderung), § 303b StGB (Computersabotage), § 269 StGB (Fälschung beweiserheblicher Daten), § 263a (Computerbetrug), § 263 StGB (Betrug), § 284 StGB (Unerlaubte Veranstaltung eines Glücksspiels), § 253 StGB (Erpressung), § 106 UrhG (Unerlaubte Verwertung urheberrechtlich geschützter Werke), § 107 UrhG (Unzulässiges Anbringen der Urheberbezeichnung), § 108 UrhG (Unerlaubte Eingriffe in verwandte Schutzrecht), § 108b UrhG (Unerlaubte Eingriffe in technische Schutzmaßnahmen und zur Rechtewahrnehmung erforderliche Informationen), §§ 203, 204 (Offenbarung und Verwertung fremder Geheimnisse), § 201a StGB Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs durch Bildaufnahmen), §§§ 184 ff. StGB (die Pornographie-Delikte einschließlich Kinderpornographie, §§ 185 ff. (Ehrverletzende Äußerungen), § 86 StGB, § 86a StGB, § 111 StGB, § 130 StGB (Delikte gegen den demokratischen Rechtsstaat und die die öffentliche Ordnung), § 183 StGB (Exhibitionistische Handlungen) sowie die Prostitution, wobei jeder Vorschrift ca. 4 Seiten gewidmet werden, auf denen – unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Internets – das wichtigste Zusammengetragen wird, wobei der Platz leider häufig nur für Definitionen und einige Streitstände reicht.

Zum Teil werden trotz offenkundiger Platzknappheit sogar Streits dargeboten, die sich durch gesetzliche Neufassungen bereits erledigt haben (Rn. 149). Ein entsprechender Exkurs könnte aus didaktischen Gründen sinnvoll sein – aufgrund seiner Konzeption als Hand- und weniger als Lehrbuch erscheint er mir hier aber überflüssig.

Lobend ist schließlich hervorzuheben, dass der Internetbezug in den Kommentierungen der Vorschriften stets – sofern er nicht ohnehin offensichtlich ist – nachvollziehbar (und nicht „an den Haaren herbeigezogen“) hergestellt wird.

Was bekommt man nicht?

Es ist möglich, dass ich mit völlig falschen Erwartungen an die Reihe „Praxis der Strafverteidigung“ herangehe. Aber das Buch hat aus meiner Sicht recht wenig mit Praxis und auch nicht viel mit Strafverteidigung zu tun. Welches Probleme sich im Verhältnis des Anwalts zum Beschuldigten auftun, der gerade eine Hausdurchsuchung dulden musste, wie sinnvoll es ist, gegen Durchsuchungsbeschlüsse rechtlich vorzugehen, wie man am besten mit Staatsanwaltschaft und der die Datenträger auswertenden Polizei umgeht (die bekanntlich angesichts der geringen Ressourcen und der immer größer werdenden Datenmengen völlig überfordert ist), welche Rolle deshalb die Zeit in Mandaten aus dem Internetstrafrecht spielt, oder ob es Besonderheiten im Anwalts-Mandantenverhältnis gibt, wenn der (wahrscheinlich internetaffine) Mandant seinen auf das Internetstrafrecht spezialisierten Verteidiger nicht am Wohnort mandatiert – all das wird man in diesem Buch nicht erfahren. Zwar sind einige wenige Stellen grafisch abgesetzt mit sog. „Praxishinweisen“ versehen, doch erscheinen sie recht willkürlich ausgewählt und richten sich teilweise nicht einmal direkt an den Strafverteidiger. So lautet zum Beispiel der Praxishinweis auf Seite 134 (Delikte gegen die sexuelle Selbstbestimmung von Kindern und Jugendlichen) ungekürzt:

Praxishinweis: Straftaten nach § 176 StGB – auch solche nach § 176 Abs. 4 StGB – kommen grundsätzlich als Anlasstat einer vorsorglichen DNA-Identitätsfeststellung nach § 81g StPO in Betracht.

Ich vermisse also schmerzlich eine Auseinandersetzung mit dem „law in action“.

Was kostet das?

Ich weiß, dass sich Buchpreise weniger an Angebot und Nachfrage orientieren als vielmehr daran, welchen Preis die Zielgruppe zu bezahlen gewöhnt ist, aber dennoch erscheint mir der ausgerufene Preis von 44,99 € für 160 Seiten Kommentartext ein wenig hoch gegriffen. Wer nur ein studentisches Budget zur Verfügung hat, wird sich das im Buch zusammengetragene Wissen wohl eher aus dem bereits vorhandenen Kommentar erschließen oder ggf. auf ein Lehrbuch zum Medienrecht ausweichen, z. B. jenes von Mitsch, das – in der digitalen Version – die Hälfte kostet und dafür mindestens doppelt so viel Inhalt liefert.

Aus meiner Sicht sollte ein Buch, das sich direkt an Praktiker richtet und auch einen „Praktiker-Preis“ verlangt, ein wenig „law in action“ vermitteln (wovon examensfixierte Studierende noch nichts hören bzw. lesen wollen). Das mag schwieriger (oder jedenfalls ungewohnt) sein, als die Rechtsdogmatik zur Materie zusammenzutragen, aber dürfte dafür auf mehr Interesse stoßen.

Fazit
Der Leser bzw. die Leserin erhält ein Buch, das im Hauptteil die Dogmatik von rund 25 Vorschriften behandelt, die einen besonders engen Bezug zum Lebensbereich „Internet“ aufweisen. Für eine erste Einarbeitung in die Materie ist es empfehlenswert, zumal an jeder Stelle sorgfältig ausgewählte Fundstellen dargeboten werden. Wer etwas Know-How über die Bearbeitung von Mandaten aus dem Bereich des Internetstrafrechts erwartet, wird mit dem Buch „Strafsachen im Internet“ von Klaus Malek und Andreas Popp jedoch nicht glücklich werden.

Konstantin Stern

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