Schlag mit der Glasflasche: Ist das schon ein versuchter Totschlag?

Im Zusammenhang mit dem Totschlag oder dem versuchten Totschlag ist besonders der bedingte Tötungsvorsatz (dolus eventualis) relevant. Ob schon ein bedingter Tötungsvorsatz vorliegt oder nur von bewusster Fahrlässigkeit gesprochen werden kann, stellt oftmals ein Problem in Strafrechtsklausuren dar. Bei der bewussten Fahrlässigkeit hält der Täter den Tod auch für möglich, vertraut aber auf dessen Ausbleiben. Beim bedingten Tötungsvorsatz nimmt der Täter den Tod eines anderen Menschen dagegen in Kauf. Die genaue Differenzierung ist jedoch ein Thema intensiver Diskussion.

Mit dem bedingten Tötungsvorsatz im Zusammenhang mit einem Schlag mit einer Glasflasche musste sich der Bundesgerichtshof (2 StR 59/23) in seinem Beschluss vom 23. November 2023 beschäftigen. Die Angeklagten bezogen eine Beleidigung, die eine Person aus einer Gruppe auf ein Handyvideo bezogen sagte, auf sich. Daraufhin entstand eine körperliche Auseinandersetzung, in Verlaufe derer einer der Angeklagten dem Nebenkläger mit einer Glasflasche in den linken Gesichts- und Halsbereich schlug. Dadurch wurde er erheblich verletzt. Die Angeklagten erkannten die stark blutende Wunde des Nebenklägers und entschieden sich zur Flucht. Das Landgericht Aachen verurteilte die Angeklagten wegen versuchten Totschlags in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung.

Der Bundesgerichtshof stellte in seinem Beschluss jedoch fest, dass das Zerbrechen der leeren Flasche nicht selbstverständlich ist und somit auch die darauffolgenden Verletzungen keine feststehenden Konsequenzen des Schlages sind. Zwar liegt es bei äußerst gefährlichen Gewalthandlungen nahe, dass der Täter mit der Möglichkeit rechnet, das Opfer könne zu Tode kommen und er einen solchen Erfolg auch billigend in Kauf nimmt. Die Beweiswürdigung des Landgerichts zur Einschätzung des Grades der Gefährlichkeit der Tathandlung ist im hiesigen Fall jedoch rechtsfehlerhaft. Bei einem Schlag mit einer Glasflasche kommt es nach den Ausführungen des Bundesgerichtshofes unter anderem auf die Schlagtechnik, die eingesetzte Kraft und die Art der Kontaktfläche an. Somit ist auch entscheidend, ob die Flasche das knöcherne Gesicht oder den Halsbereich getroffen hat. Dazu hätte das Landgericht nähere Feststellungen treffen müssen.

Rechtsanwalt Steffen Dietrich, Strafverteidiger aus Berlin-Kreuzberg

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