Schmuggelversuch vor den Augen der Justiz
Die Sanktionen im Jugendstrafrecht unterscheiden sich größtenteils von denen im Erwachsenenstrafrecht. So sind mögliche Sanktionen Erziehungsmaßregeln wie Weisungen, Zuchtmittel oder auch die Jugendstrafe. Die schärfste Maßnahme ist die Jugendstrafe, die im § 17 JGG geregelt ist und nach Abs. 1 einen Freiheitsentzug in einer für ihren Vollzug vorgesehenen Einrichtung vorsieht. Verhängt wird eine Jugendstrafe nach Abs. 2 wegen schädlicher Neigungen des Jugendlichen oder wegen der Schwere der Schuld.
Auch der Bundesgerichtshof (2 StR 435/21) musste sich in seinem Beschluss vom 1. Juni 2022 mit der Jugendstrafe auseinandersetzen. Das Landgericht Bonn verurteilte den Angeklagten im vorliegenden Fall wegen versuchten schweren Raubes, Wohnungseinbruchdiebstahls in Tateinheit mit Sachbeschädigung, vorsätzlicher Körperverletzung und weiteren Straftaten zu einer Einheitsjugendstrafe von 4 Jahren.
An einem Hauptverhandlungstag steckte einer der im Gericht Anwesenden dem Angeklagten 2 Handys, 2 Ladegeräte und mindestens 10g Haschisch zu, die dieser in die JVA schmuggeln wollte. Die Gegenstände konnten bei einer Durchsuchung in der Unterhose des Angeklagten gefunden werden.
Den geschilderten Vorfall in der Hauptverhandlung zog das Landgericht zu seiner Begründung für die Annahme schädlicher Neigungen und der Bemessung der zu verhängenden Jugendstrafe hinzu.
Der Bundesgerichtshof führt dazu aus, dass zwar auf Nachtatverhalten bei Feststellungen zum Fortbestehen schädlicher Neigungen verwiesen werden kann, jedoch muss das fragliche Folgedelikt prozessordnungsgemäß festgestellt oder in einem anderen Verfahren bereits rechtskräftig abgeurteilt worden sein. Daran fehlt es hier, sodass der aufgezeigte Rechtsfehler zur Aufhebung des Ausspruchs über die Höhe der Jugendstrafe führt.
Rechtsanwalt Steffen Dietrich, Strafverteidiger aus Berlin-Kreuzberg