Suche nach dem „E-Bike-Dieb“ – Räuberischer Diebstahl
Die Lösung einer Prüfung im Strafrecht kann oftmals zu Ergebnissen kommen, die im ersten Moment nicht sehr offensichtlich erscheinen. So auch im hiesigen Fall des Bundesgerichtshofes, der sich um den räuberischen Diebstahl dreht.
Des räuberischen Diebstahls macht sich strafbar, wer „bei einem Diebstahl auf frischer Tat betroffen, gegen eine Person Gewalt verübt oder Drohungen mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben anwendet, um sich im Besitz des gestohlenen Guten zu erhalten“.
So schien das Merkmal „auf frischer Tat betroffen“ im ersten Moment offensichtlich gegeben, doch stellte der Bundesgerichtshof (4 StR 451/22) in seinem Beschluss vom 14. März 2023 Gegenteiliges fest.
Der Angeklagte im vorliegenden Fall klaute ein E-Bike aus einem unversperrten Schuppen, wurde dabei jedoch vom Geschädigten beobachtet und anschließend verfolgt. Als der Geschädigte den Angeklagten nach kurzer Zeit aus den Augen verlor, nahm der Sohn die Verfolgung auf, der über den Diebstahl informierte worden war. Als ihm der Angeklagte in einem PKW entgegenkam, fragte er ihn, ob er einen Fahrraddieb gesehen habe, ohne ihn selber als den Dieb zu identifizieren. Als er dann das Fahrrad im Auto des Angeklagten sah, öffnete er die Tür des Autos, um das Fahrrad herauszuholen. Der Angeklagte verletzte den Sohn des Geschädigten daraufhin mit seinem Auto, um das Fahrrad zu sichern.
Das Landgericht Traunstein nahm daraufhin unter anderem einen räuberischen Diebstahl an. Der Bundesgerichtshof merkte in seinem Beschluss jedoch an, dass das Tatbestandsmerkmal „auf frischer Tat betroffen“ im hiesigen Fall nicht erfüllt ist. Demnach wurde der Angeklagte während der Tat vom Geschädigten gestellt und war somit auf frischer Tat betroffen, jedoch fehlt nach den Feststellungen der erforderliche Bezug zur späteren Begegnung mit dem Sohn. Der Geschädigte musste die Verfolgung aufgeben und der Sohn nahm daraufhin eine neue Suche auf, ohne zu wissen, wie der Angeklagte aussieht. Die Verfolgung wurde dadurch unterbrochen, sodass der räuberische Diebstahl nach den gegebenen Feststellungen nicht bejaht werden kann.
Rechtsanwalt Steffen Dietrich, Strafverteidiger aus Berlin-Kreuzberg