Verschlagwortet: StGB

Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Fristversäumung – Darf auf die üblichen Postlaufzeiten vertraut werden?

Erhält man vom Gericht einen Strafbefehl, kann man innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung Einspruch gegen den Strafbefehl einlegen. Verpasst man diese Frist, wird der Strafbefehl rechtskräftig – er steht einem rechtskräftigen Urteil gleich. Ist die Frist jedoch ohne eigenes Verschulden versäumt worden, besteht unter Umständen die Möglichkeit, einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 44 StPO zu stellen. Ist der Antrag erfolgreich, wird das Verfahren in den Stand zurückgesetzt, in dem es sich befände, wenn die Frist nicht versäumt worden wäre. Doch wann erfolgt eine Fristversäumung „ohne Verschulden“?  Dies war auch Gegenstand des Beschlusses des Landgerichts...

Bewaffneter Drogenhandel – Wo muss sich die Waffe befinden?

Wer mit Betäubungsmitteln (z.B. Heroin) in nicht geringer Menge unerlaubt Handel treibt und dabei eine Schusswaffe oder sonstige Gegenstände mit sich führt, die ihrer Art nach zur Verletzung von Personen geeignet und bestimmt sind, kann sich gemäß § 30a Abs. 2 Nr. 2 Strafgesetzbuch (StGB) strafbar machen. Es droht dann eine Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren.  Doch wann liegt ein solches „Mitsichführen“ einer Schusswaffe bzw. eines gefährlichen Gegenstands vor?  Dies war Gegenstand der Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 23. Oktober 2019 (Az. 2 StR 294/19). In dem der Entscheidung zugrundeliegenden Fall ging es um ein Ehepaar, das auf dem Balkon...

Der Ankauf von gestohlenen Zigaretten – wann beginnt der Versuch bei der Hehlerei? 

Eine Frage, mit der sich das Kammergericht in Berlin im Rahmen seiner Entscheidung vom 5. März 2020 (Az. 161 Ss 190/19 (41/19)) zu befassen hatte.  Hintergrund war der folgende Fall: Der Angeklagte hatte sich gegenüber den Tätern eines Einbruchsdiebstahls dazu bereit erklärt, Zigaretten aus deren Einbruchsdiebstahlstaten anzukaufen, um sie weiterzuverkaufen. Im Einzelnen kam es u.a. zu den folgenden Taten:  „Am Morgen des 16. Juni 2016 bot der gesondert Verurteilte B. [= einer der Täter der Einbruchsdiebstahlstaten] dem Angeklagten zuvor aus dem Geschäft des Geschädigten J. in der F… chaussee  in Berlin entwendete Tabakwaren im Wert von bis zu etwa 18.000 Euro...

Ist eine Amtsanmaßung in Mittäterschaft möglich?

Mit genau dieser Frage hatte sich der Bundesgerichtshof (BGH) in seinem Beschluss vom 14. April 2020 (Az. 5 StR 37/20) zu befassen.  Dem Fall lag der folgende Sachverhalt zugrunde:  „Der Angeklagte schloss sich spätestens Anfang Juni 2018 einer Tätergruppe an, deren Ziel es war, als „falsche Polizeibeamte“ Betrugstaten zum Nachteil älterer Menschen zu begehen. Dabei riefen Bandenmitglieder aus der Türkei bei den späteren Opfern unter Verwendung des sogenannten „Call-ID Spoofing“ an, welches es einem Anrufer ermöglicht, bei dem Angerufenen etwa die Telefonnummer „030 – 110“ anzeigen zu lassen und so den Eindruck zu erwecken, der Anruf komme von der Polizei. Der...

Gemeinsamer Abend unter Freunden und plötzlich alleine tot: Zur Obhuts- und Beistandspflicht nach § 221 Abs. 1 Nr. 2 StGB

Mit dem folgenden Fall setzte sich der Bundesgerichtshof am 21. September 2022 (6 StR 47/22) auseinander: Dem Angeklagten und dessen ehemaligem Arbeitskollege wurde mit Anklageschrift zur Last gelegt, am Abend mit dem Geschädigten in eine Bar gefahren zu sein. An den Wochenenden haben sie regelmäßig beträchtliche Mengen an Alkohol, nicht selten bis zum Eintritt von Rauschzuständen, konsumiert. Während der Anfahrt tranken die Beteiligten Bier und Wein. In der Bar bestellten sie neben drei Shisha-Pfeifen unter anderem eine Flasche Wodka. Von dieser trank der von den Angeklagten animierte Geschädigte derart viel, dass er auf dem Weg zur Toilette stürzte, die glühende...

Schwere Brandstiftung an einem als Flüchtlingsunterkunft genutzten Gebäude

In den vergangenen Jahren hört bzw. liest man in den Nachrichten nicht selten von Bränden, die in Flüchtlingsunterkünften gestiftet worden sind. Abhängig von dem konkreten Fall kommt für die Auslöser des Brandes in diesen Fällen eine Strafbarkeit wegen einer der Brandschutzdelikte der §§ 306 ff. StGB in Betracht, also beispielsweise wegen (schwerer) Brandstiftung, besonders schwerer Brandstiftung, Brandstiftung mit Todesfolge oder fahrlässiger Brandstiftung.  So auch in dem der Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 14. November 2019 – 3 StR 408/19 – zugrundeliegenden Fall.  Der Fall hatte den folgenden Sachverhalt: Der aus dem Sudan geflüchtete Angeklagte war 2015 nach Deutschland gekommen und...

„Kalifatstaat“: Verstoß gegen ein Vereinigungsverbot

Ein zwar im Studium nicht besonders relevanter Paragraph, der aber in der Praxis interessant werden kann, ist der § 85 StGB. Dieser regelt den Verstoß gegen ein Vereinigungsverbot. Dabei kann sich zum einen strafbar gemacht werden, indem man als Rädelsführer oder Hintermann tätig ist, oder indem man sich als Mitglied in der Vereinigung betätigt. Eine solche verbotene Vereinigung stellt der „Kalifatstaat“ dar. Dabei handelt es sich um eine islamistische deutsche Organisation, die 2001 durch das Bundesministerium des Innern verboten wurde. Ziel des Kalifatstaats ist die Errichtung eines auf der Scharia, dem islamischen Recht, gegründeten islamischen Staatswesens. Mit dem Verstoß gegen...