Augen auf bei der Beutewahl – Wenn das „gefährliche Werkzeug“ iSv § 250 I Nr. 1a StGB Teil der Tatbeute ist
Wie schnell einem Räuber die Tatbeute zum Verhängnis werden kann, wird deutlich im Urteil des Bundesgerichtshofs vom 17.10.2013 – 3 StR 263/13.
ein Gastbeitrag von Karolina Ewert, Rechtsreferendarin in Berlin
I.
Dem Fall lag im Wesentlichen folgender Sachverhalt zugrunde:
Der Angeklagte und ein Mitangeklagter suchten den Nebenkläger in seiner Wohnung auf, um mittels Gewalt Schulden einzutreiben und bei der Gelegenheit auch andere Wertgegenstände mitzunehmen. Der Angeklagte schlug den Nebenkläger und würgte ihn, wobei er ihn erheblich verletzte. Während der Mitangeklagte den Nebenkläger bewachte, steckte der Angeklagte Bargeld und diverse Gegenstände ein. Darunter befand sich auch ein Messerblock mit fünf Messern, der – wie sich im Rahmen der Revision herausstellen sollte – entscheidend war.
II.
Das Landgericht Oldenburg verurteilte den Angeklagten wegen Raubes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung gemäß §§ 249 I, 223, 224 I Nr. 4, 52 StGB.
Die Staatsanwaltschaft legte dagegen Revision ein und hatte teilweise Erfolg.
In der Revision beanstandete der BGH zwar den Schuldspruch bezüglich der gefährlichen Körperverletzung nicht, jedoch war nach Meinung des BGH die rechtliche Einordnung der Tat als einfacher Raub rechtsfehlerhaft: Die Tat sei vielmehr tateinheitlich zur gefährlichen Körperverletzung ein schwerer Raub gemäß § 250 I Nr. 1 a StGB.
Die Einordnung der Tat als schweren Raub beruht auf dem entwendeten Messerblock mit fünf Messern: Nach Ansicht der Richter sei es für die Erfüllung des Tatbestands des § 250 I Nr. 1 a StGB ausreichend, dass der Täter das gefährliche Werkzeug zu irgendeinem Zeitpunkt der Tatausführung bei sich führe. Dem stehe also nicht entgegen, dass das Werkzeug aus der Tatbeute stamme.
Der BGH hat das Urteil des Landgerichts Oldenburg bezüglich der Urteilsgründe zum Raub und des Ausspruchs der Gesamtstrafe aufgehoben und zu neuer Verhandlung und Entscheidung an eine andere Kammer des Landgerichts zurückverwiesen.
III.
Mit dem Urteil bleibt der BGH seiner bisherigen Rechtsprechung treu. Wie bereits in einer älteren BGH-Entscheidung (Urteil vom 04.06.1985 – 2 StR 125/85) sieht der BGH auch in diesem Fall, dass die Waffe oder das gefährliche Werkzeug in irgendeinem Zeitpunkt vom Ansetzen zur Tat bis zur Beendigung bei sich geführt werden muss. Der Fall war allerdings bezüglich des zeitlichen Ablaufs etwas anders gelagert. Die Angeklagten drangen in eine Wohnung ein, um dort von einer der Bewohnerinnen mit Gewalt den Code für einen in einem anderen Haus befindlichen Tresor zu erhalten. Dabei fanden sie durch Zufall eine Schusswaffe in der Wohnung und führten diese dann im Pkw auf dem Weg zum Haus mit. In diesem Fall hatten die Angeklagten die Waffe auf dem Weg zum Ort der Wegnahme bei sich.
Es scheint im ersten Augenblick doch etwas ‚unfair’ zu sein, dass die Art der Tatbeute letztlich die erwartete Mindeststrafe von einem Jahr auf drei Jahre erhöht.
Dogmatisch ist das Ergebnis aber wohl richtig.
Bei Küchenmessern handelt es sich um abstrakt gefährliche Werkzeuge im Sinne des § 250 I Nr. 1 a StGB. Bestraft wird die erhöhte Gefahr, die von einem „bewaffneten“ Räuber ausgeht. Dabei ist es nicht erforderlich, dass der Räuber die Waffe oder das gefährliche Werkzeug bei der gesamten Tatausführung mit sich führt. Im vorliegenden Fall sind die Angeklagten sofort nach der Wegnahmehandlung und dadurch nach Erlangung des Messerblocks und anderer Gegenstände geflüchtet. Trotzdem führte der Angeklagte die Messer noch bei der Tatbegehung mit sich. Der Raub ist erst mit der Beutesicherung beendet. Selbst wenn der Messerblock der letzte weggenommene Gegenstand gewesen wäre, läge gleichzeitig die Verwirklichung des Qualifikationsmerkmals und nur die Vollendung des Raubes vor. Daher ist für die Verwirklichung des objektiven Tatbestands folgerichtig auch unbeachtlich, wenn der Täter die Waffe oder das gefährliche Werkzeug erst aus der Beute erlangt.
Der subjektive Tatbestand setzt keine Verwendungsabsicht voraus, sondern nur das bewusst gebrauchsbereite Bei-sich-führen. Bei Alltagsgegenständen könnte der Vorsatz entfallen, wenn der Täter den Gegenstand gar nicht als abstrakt gefährlich wahrnimmt. Bei Waffen und offenkundig objektiv gefährlichen Werkzeugen, wie Küchenmessern, wenn sie nicht schon als Waffen eingestuft werden, liegt das Vorhandensein des Bewusstseins nahe. Daher reicht das Bewusstsein, fünf Messer in der Tasche zu haben, für den subjektiven Tatbestand aus. Anders dürfte das nur zu beurteilen sein, wenn der Täter gar nicht erkannte und objektiv nicht ohne weiteres erkennen konnte, dass er ein gefährliches Werkzeug erbeutet hatte.
IV.
In diesem Fall hat sich die Wegnahme des Messerblocks in jeglicher Hinsicht nicht gelohnt. Bedenkt man den möglichen Wert des Messerblocks, den sich der Angeklagte sichern wollte, ist die Erhöhung der Mindestfreiheitsstrafe um zwei Jahre doch ein hoher Preis.
Lohnen sich denn überhaupt Verbrechen?