Tateinheit von Mord und gefährlicher Körperverletzung mit dem besonders schweren Kriegsverbrechen des Einsatzes verbotener Methoden der Kriegsführung; § 11 I 1 Nr. 1, II 2 VStGB, §§ 211, 224 I, 52 StGB

Die Tatbestände des – gegebenenfalls versuchten – Mordes und der gefährlichen Körperverletzung können mit dem besonders schweren Kriegsverbrechen des Einsatzes verbotener Methoden der Kriegsführung in Tateinheit stehen und treten nicht hinter diesem zurück.

Zum Sachverhalt

Dem Angeklagten wurde vorgeworfen, mit einem persönlichen Rachemotiv, einen Sprengkopf (Panzerabwehrwaffe) bei der Ausgabe von Hilfsgütern in eine versammelte Menschenmenge von unbewaffneten zivilen Bewohnern eines südlichen Teils von Damaskus, Syrien abgeschossen zu haben. Dabei wurden mindestens vier Menschen getötet und zwei weitere schwer verletzt, die als Nebenkläger auftraten. Der Angeklagte soll sich als bewaffneter Milizionär in eine regimetreue Gruppe eingefügt haben. 

Entscheidung des Kammergerichts: Urteil vom 23.02.2023 – (2) 3 StE 7/22-4 (1/22)

Das Kammergericht hat den Angeklagten wegen eines besonders schweren Kriegsverbrechens des Einsatzes verbotener Methoden der Kriegsführung in Tateinheit mit Mord, versuchtem Mord und der gefährlichen Körperverletzung zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt. 

Unter einem Angriff i. S. d. § 11 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 VStGB (Völkerstrafgesetzbuch) werde eine in militärische Feindseligkeiten eingebundene Gewaltanwendung gegen einen Gegner verstanden, unabhängig davon, ob diese offensiv oder defensiv stattfinde. Dies ergebe sich insbesondere aus der legislativen Intention und der Entstehungsgeschichte der Vorschrift und nicht allein aus dem Wortlaut. Es genüge, wenn militärische Gewalt als feindseliges Auseinandersetzungsmittel gegen die Zivilbevölkerung eingesetzt werde. Dies lag hier bei einer Sprengsatzverwendung gegen die zivilen Stadtbewohner vor. Der Angeklagte handelte in der Absicht, eine unbestimmte Zahl von Zivilisten aus der für ihn nicht überschaubaren Menge zu töten. Der Angeklagte hat sich spätestens seit 2014 als bewaffneter Milizionär in eine palästinensische regimetreue Gruppe eingefügt haben.

Der Qualifikationstatbestand § 11 Abs. 2 S. 2 VStGB wurde durch die vorsätzliche Tötung von vier Zivilpersonen erfüllt.

Der Angeklagte beanstandete mit einer Revision die Verletzung materiellen Rechts und dabei insbesondere die Beweiswürdigung.

Entscheidung des Bundesgerichtshofs: Beschluss vom 31.10.2023 – 3 StR 306/23

Der 3. Strafsenat des BGH befand die Revision des Angeklagten als unbegründet. Die Feststellungen entsprächen der rechtlichen Bewertung des Kammergerichts. 

Die konkurrenzrechtliche Bewertung, dass mit dem besonders schweren Kriegsverbrechen vier tateinheitliche Morde, zwei versuchte tateinheitliche Morde und die gefährliche Körperverletzung in Tateinheit stehen, war nicht zu beanstanden, da der Tatbestand des Völkerstrafgesetzbuches den Unrechtsgehalt der allgemeinen Tatbestände nicht erfasse. Insgesamt liegt Tateinheit vor, da trotz der Verletzung verschiedener höchstpersönlicher Rechtsgüter, der Angeklagte nur eine Handlung vornahm.

Das Urteil des Kammergerichts wurde rechtskräftig.

Rechtsanwalt Steffen Dietrich, Strafverteidiger aus Berlin-Kreuzberg

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