Terminsverlegung, immer wieder ein Problem
Jeder Rechtsanwalt kennt das Problem, dass er vom Gericht einen Termin vorgesetzt bekommt, an dem er bereits eine andere Hauptverhandlung hat. In dieser Situation stellt man dann als Verteidiger einen Verlegungsantrag.
Nicht immer kommt das Gericht diesem Antrag nach.
In seiner Entscheidung des Landgerichts Neuruppin vom 10. Januar 2012 – 13 Qs 6/12 – wurde aufgrund meiner Beschwerde ein Termin des Amtsgerichts aufgehoben.
Der Entscheidung lag folgender Sachverhalt zu Grunde:
Mein Mandant war in der Vergangenheit nach Auffassung des Amtsgerichts für die Strafverfolgung nicht erreichbar. Dann wurde er zum Zwecke der Strafvollstreckung in anderer Sache verhaftet. Nach über drei Monaten Haft erfuhr das Amtsgericht von der Inhaftierung und dem baldigen Strafende. Ohne Anhörung des Mandanten wurde diesem ein Pflichtverteidiger durch das Amtsgericht bestellt und ein Termin zur Hauptverhandlung bestimmt. Unmittelbar hiernach zeigte ich mich als Verteidiger an und beantragte Terminsverlegung.
Dieser Antrag wurde durch das Amtsgericht mit der Begründung abgelehnt, es sei zu befürchten, dass mein Mandant nach der bevorstehenden Haftentlassung wieder nicht für die Strafverfolgung zur Verfügung stehen wird. Da mein Mandant einen Pflichtverteidiger hat, mit dem der Termin abgestimmt worden sei, bedürfe es keiner Verlegung.
Gegen diese Entscheidung habe ich Beschwerde eingelegt.
Das Landgericht Neuruppin führt in seinem Beschluss zunächst aus, dass eine Beschwerde grundsätzlich gem. § 305 Abs. 1 StPO unzulässig ist, da die Terminierung eine Entscheidung ist, die der Urteilsfällung voraus geht. Im Einklang mit den meisten Gerichten macht das Landgericht Neuruppin von diesem Grundsatz eine Ausnahme, wenn die Entscheidung nach dem Vortrag des Beschwerdeführers offensichtlich ermessensfehlerhaft ist.
Ich hatte in meiner Beschwerde geltend gemacht, dass das Amtsgericht die Verteidigungsrechte nicht hinreichend berücksichtigt hat. Deshalb war die Beschwerde ausnahmsweise zulässig.
Die Beschwerde war auch begründet, da auch unter Berücksichtigung des bevorstehenden Haftendes die Grenzen des richterlichen Ermessens überschritten worden sind.
Das Landgericht führt aus, dass das Amtsgericht bei der Bestellung eines Pflichtverteidigers gegen § 142 Abs. 1 StPO verstoßen hat. Ein Angeklagter ist vor der Bestellung eines Pflichtverteidigers zu hören, ob er selber einen Verteidiger benennen möchte. Sobald das Recht auf Benennung eins Verteidigers verletzt wird, ist ein Gericht verpflichtet, einen großzügigen Maßstab in Bezug auf Terminsverlegungsanträge anzulegen.
Da das Amtsgericht dies unterlassen hat, war die Beschwerde erfolgreich und der Termin wurde unmittelbar durch das Landgericht Neuruppin aufgehoben.
Die Entscheidung ist zu begrüßen. Es kann nicht sein, dass vermeintliche Praktikabilitätsüberlegungen dazu führen, dass einem Beschuldigtem das Recht genommen wird, vom Verteidiger seines Vertrauens verteidigt zu werden.
Sollte ein Beschuldigter nicht zur Hauptverhandlung erscheinen, sieht die StPO zulässige Zwangsmittel vor. In diesem Fall kann dann z.B. ein Haftbefehl erlassen werden.
Rechtsanwalt Steffen Dietrich, Berlin