Traue niemanden
besonders nicht der Staatsanwaltschaft.
In einem Verfahren vor dem Landgericht Berlin hatten sich die Prozessbeteiligten, sprich die Staatsanwaltschaft Berlin, das Gericht und ich uns geeinigt, dass mein Mandant im Falle eines Geständnisses eine Bewährung erhalten sollte. Nach dem Geständnis erfolgte die Bewährung und so dachte ich, der Fall hat sich erledigt.
Heute treffe ich eine Richterin der Kammer, die mir mitteilte, dass die Staatsanwaltschaft Berlin Revision eingelegt hat.
Zum Glück hatte ich darauf bestanden, dass die Absprache (Deal) ins Protokoll mit aufgenommen wurde.
Ich finde, so etwas sollte verboten werden!
Ich selber hatte noch nie einen Fall, in dem die Staatsanwaltschaft nach einer Absprache Rechtsmittel eingelegt hat. Dies gilt unabhängig davon, ob protokolliert oder nicht.
Ohne Protkollierung sieht das Rechtsmittelgericht lediglich das Geständnis ohne nachvollziehen zu können, warum es erfolgt ist. Ein Geständnis wirkt sich z.B. immer auch auf die Strafhöhe aus. Durch die Protollierung kann das Rechtsmittelgericht ersehen, dass das Geständnis lediglich vor dem Hintergrund der konkreten Absprache erfolgt ist. Der neue § 257 c Abs. 4 Satz 3 StPO bestimmt deshalb, dass ein Geständnis nicht verwertet werden darf, wenn sich das Ursprungsgericht nicht mehr an den Vergleich gebunden fühlt.
Vorliegend hätte ohne Geständnis zum gegenwärtigen Verfahrensstand nicht verurteilt werden können.
Moin Herr Dietrich,
für den eben eingetretenen Fall, bloss ohne Protokollierung: Liesse sich etwa im Rahmen einer Revision das (Pauschal-)Geständnis widerrufen? Dann könnte ich Ihre Empfehlung nachvollziehen, da vermutlich die Beweise für eine Verurteilung ohne Geständnis knapp waren (sonst auch kein Spielraum für einen Deal, oder?) und die Chance besteht, dass es in einer Revision zu einer Verurteilung nicht reicht.
Dennoch mal wieder ein Beispiel dafür, dass Otto Normalbürger besser daran tut, sein Vertrauen in Staat und Obrigkeit in Grenzen zu halten.
Die Frage, ob die Revision der Staatsanwaltschaft rechtmäßig ist, muss dann wohl der Bundesgerichtshof entscheiden. Ich halte sie für „Treuwidrig“.
Vielleicht wird die Revision aber auch durch die Staatsanwaltschaft nach Ausfertigung des schriftlichen Urteils wieder zurückgenommen.
Sollte ein Kollege über einen Deal nachdenken, kann ich nur empfehlen, ein Pauschalgeständnis abzulegen und auf weitere detaillierte Angaben zu verzichten.
Als Rechtsunterworfener wird man schon bescheiden. Es würde im Prinzip reichen, wenn die Bindung an Recht und Gesetz auch bei der Staatsanwaltschaft hergestellt werden würde.