Urkundenfälschung durch Signieren mit dem Namen einer nicht existenten Person

Mit dem folgenden Fall setzte sich das Bayerische Oberlandesgericht am 13. Juni 2024 (202 StRR 15/24) auseinander:

Dem Angeklagten wurde mit Anklageschrift zur Last gelegt, zur Erlangung unberechtigter Provisionen über seinen Mittäter zwei Anträge auf Abschluss von Erwerbsunfähigkeitsversicherungen eingereicht zu haben. Hierbei trug er in den Anträgen als versicherte Personen jeweils tatsächlich nicht existierende Personen mit Vor- und Familiennamen und allen erforderlichen weiteren, gleichermaßen frei erfundenen Personendaten in das Antragsformular ein. Die Anträge unterzeichnete der Angeklagte anschließend eigenhändig mit Namenszügen dieser nicht existierenden Personen. 

Das Landgericht Coburg nahm einen versuchten Betrug und eine tateinheitlich verwirklichte Urkundenfälschung in der Tatvariante des Herstellens einer unechten Urkunde (§ 267 Abs. 1 Var. 1 StGB) an. Gegen das Urteil wurde Revision eingelegt. 

Nach Auffassung des Bayerischen Oberlandesgerichts habe das Landgericht Coburg ohne Rechtsfehler das Vorliegen einer unechten Urkunde angenommen. Insoweit legten die Richter zunächst die Voraussetzungen des Vorliegens einer unechten Urkunde dar: 

Eine Urkunde im Sinne von § 267 StGB sei jede verkörperte, aus sich heraus verständliche menschliche Gedankenerklärung, die ihren Aussteller erkennen lasse und geeignet und bestimmt sei, im Rechtsverkehr Beweis zu erbringen. Eine Urkunde sei unecht, wenn sie nicht von demjenigen stamme, der aus ihr als Aussteller hervorginge. Dies sei der Fall, wenn der Anschein erweckt werde, ihr Aussteller sei eine andere Person als diejenige, von dem sie herrühre. 

Anschließend führten die Richter aus, dass durch die Unterzeichnung eines Dokuments mit dem Namen einer nicht existenten Person als Aussteller die verkörperte Gedankenerklärung nicht deshalb die sog. Garantiefunktion verliere, weil ihr (vermeintlicher) Aussteller nicht existent sei. Grund hierfür sei, dass Aussteller auch in diesem Fall nach der sog. Geistigkeitstheorie derjenige sei, von dem die Erklärung geistig herrühre. 

Das Bayerische Oberlandesgericht betonte, dass in Abgrenzung zu den Fällen sog. offener oder versteckter Anonymität zur Erfüllung des Tatbestandes der Urkundenfälschung gemäß § 267 StGB ausreiche, wenn die Urkunde den Anschein erwecke, dass eine individualisierbare Person (Behörde oder Unternehmen) als Aussteller für die Erklärung einsteht, was jedoch nicht voraussetze, dass diese Person auch tatsächlich existiere. 

Rechtsanwalt Steffen Dietrich, Fachanwalt für Strafrecht aus Berlin-Kreuzberg

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