Verfassungsbeschwerde von Sebastian Edathy erfolglos
Sie erinnern sich sicher noch an den Fall von Sebastian Edathy, den ehemaligen SPD-Bundestagsabgeordneten, der Anfang des Jahres aufgrund des vermeintlichen Erwerbs und Besitzes von Kinderpornografie in den Blick der Ermittlungsbehörden geraten ist. Im Februar durchsuchte die Staatsanwaltschaft aufgrund eines richterlichen Durchsuchungsbeschlusses die Wohnung, sowie das Abgeordnetenbüro von Edathy und beschlagnahmte seine E-Mails. Edathy hatte gegen diese Ermittlungsmaßnahmen Verfassungsbeschwerde beim Bundesverfassungsgericht (BVerfG) eingelegt, die das BVerfG nun in seinem Beschluss vom 15.08.2014 – – 2 BvR 969/14 als teilweise unzulässig und im Übrigen unbegründet zurückgewiesen hat.
Die Durchsuchung als Verletzung von Art. 13 GG
Der wohl umstrittenste Aspekt der angeordneten Durchsuchung war ihr Anlass. Hinsichtlich dieses Aspektes rügte Edathy mit der Verfassungsbeschwerde, dass die Durchsuchung auf einen Anfangsverdacht gestützt wurde, der ausschließlich an strafloses Verhalten anknüpft. Ein legales Verhalten dürfe aber keine strafprozessualen Maßnahmen nach sich ziehen, sodass die Durchsuchung eine Verletzung des Rechtes auf die Unverletzlichkeit der Wohnung durch Art. 13 Abs. 1 GG darstelle.
Das BVerfG hingegen erklärte die Verfassungsbeschwerde in diesem Punkt als unbegründet. Die Entscheidung des Landgerichts, die Wohn- und Büroräume von Edathy durchsuchen zu lassen, seien verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Vielmehr habe das Landgericht den Anfangsverdacht darauf gestützt, dass es das dem Beschwerdeführer unstreitig zuzuordnende Material entweder bereits für strafrechtlich relevant gehalten oder es jedenfalls in einen von tatsächlichen Wertungen abhängigen Grenzbereich zwischen strafrechtlich relevantem und irrelevantem Material eingeordnet hat. Damit sei das Gericht gerade nicht davon ausgegangen, dass es sich um ausschließlich legales Verhalten gehandelt hat. Dass das Landgericht aufgrund eines kriminalistischen Erfahrungssatzes davon ausgegangen ist, die Grenze zur strafbaren Kinderpornografie werde bei dem Bezug solcher als strafrechtlich relevant einschätzbarer Medien regelmäßig überschritten, hat das BVerfG ebenfalls nicht beanstandet. Insofern seien die Einschätzungen des Landgerichts, aufgrund denen die Durchsuchung angeordnet wurde, verhältnismäßig, plausibel und nachvollziehbar.
Die Verletzung der Immunität als Abgeordneter des Deutschen Bundestages aus Art. 46 Abs.2 GG
Auch hinsichtlich der von Edathy geltend gemachten Verletzung seiner Immunität als Abgeordneter des Deutschen Bundestages aus Art. 46 Abs. 2 GG hatte die Verfassungsbeschwerde keinen Erfolg. Zwar sah das BVerfG in dem Durchsuchungsbeschluss eine Verletzung des Art. 46 Abs. 2 GG als gegeben an, weil eine Genehmigung des Bundestages, Strafverfolgungsmaßnahmen gegen einen seiner Abgeordneten durchzuführen, nicht vorlag. Die Fachgerichte wären deshalb verpflichtet gewesen zu überprüfen, ob ein Verfolgungshindernis im Hinblick auf die Immunität von Edathy vorlag. Allerdings wies das BVerfG die Verfassungsbeschwerde hinsichtlich dieses Aspektes als unzulässig zurück, da sich Edathy weder im fachgerichtlichen Rechtsweg auf das Verfahrenshindernis der Immunität berufen noch den Fachgerichten die Tatsachen vorgetragen habe, aus denen sich die Verletzung von Art. 46 Abs. 2 GG ergeben würde. Insofern gelte der Grundsatz der Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde, nach der ein Beschwerdeführer erst alle ihm zur Verfügung stehenden Möglichkeiten ergreifen muss, um die geltend gemachte Grundrechtsverletzung mit dem sachnächsten Verfahren zu verhindern oder zu beseitigen.
Die Beschlagnahme von E-Mails als Verletzung von Art. 10 Abs. 1 GG
Auch die aufgrund der Durchsuchungsanordnung ergangene Sicherstellung und Beschlagnahme von E-Mails auf dem Mailserver der Provider wertete das BVerfG nicht als einen unverhältnismäßigen Eingriff in die Gewährleistung des Fernmeldegeheimnisses nach Art. 10 Abs. 1 GG. Insofern sei die Einschätzung des Landgerichts, dass weniger eingriffsintensive Maßnahmen zur Sicherung beweiserheblicher E-Mails nicht ausreichend geeignet waren, nicht zu beanstanden. Insbesondere sei nicht vorgetragen worden, anhand welcher Kriterien eine Eingrenzung der Sicherstellung hätte vorgenommen werden können.
Edathy wird nach dieser erfolglosen Verfassungsbeschwerde darauf hoffen müssen, dass das zuständige Landgericht Verden die Eröffnung eines Hauptverfahren gegen den SPD-Politiker ablehnt. Eine Entscheidung des Landgerichts wird für September erwartet.