Verstöße gegen das Waffengesetz beim Einsatz einer Schusswaffe aus Notwehr
Das Notwehrrecht erlaubt eine umfangreiche Verteidigung. Selbst der Einsatz einer Schusswaffe kann unter strengen Voraussetzungen durch Notwehr gerechtfertigt sein. Wenn der Einsatz einer Schusswaffe gerechtfertigt war, führt das allerdings nicht immer zur vollständigen Straflosigkeit. Denn der Einsatz einer Schusswaffe kann einen Verstoß gegen das Waffengesetz darstellen. Wann trotz Notwehr eine Strafbarkeit wegen Verstößen gegen das Waffengesetz in Betracht kommt, hat der Bundesgerichtshof (BGH) entschieden (Az. 3 StR 400/18).
Der Angeklagte hatte sich mit dem Nebenkläger in seinen Geschäftsräumen verabredet, um bestehende Streitigkeiten zu klären. Da er damit rechnete, dass der Nebenkläger bewaffnet erscheinen würde, nahm der Angeklagte etwa eine Stunde vor dem Eintreffen des Nebenklägers eine Pistole Walther 22 aus der Schublade seines Geschäftspartners. Wie befürchtet, eskalierte das Zusammentreffen des Angeklagten und des Nebenklägers, der zur Unterstützung seinen Bruder mitgebracht hatte.
Der Angeklagte griff zum Telefon, um die Polizei zu rufen. Daraufhin riss ihm der Nebenkläger das Telefon aus der Hand. Als der Bruder dem Angeklagten ein Klappmesser vorhielt, zog der Angeklagte die Waffe, schoss zweimal auf den Boden und forderte die beiden Männer auf, zu verschwinden. Ein Streifschuss traf den Nebenkläger am Schienbein. Der Bruder ging daraufhin mit schnellen Schritten auf den Angeklagten zu und forderte ihn auf, die Pistole fallen zu lassen. Um den lebensbedrohlichen Messerangriff abzuwehren, schoss der Angeklagte aus einer Entfernung von 50 bis 80 cm auf den Bruder. Dieser wurde tödlich getroffen und ging zu Boden.
Das Landgericht Oldenburg sah den Totschlag als durch Notwehr gerechtfertigt an und verurteilte den Angeklagten lediglich wegen Führens einer Selbstladekurzwaffe nach § 52 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b WaffG zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten.
Bei der Überprüfung des Urteils durch den BGH beanstandete dieser die rechtliche Würdigung des Landgerichts.
Insbesondere sah der BGH ein Führen der Waffe durch den Angeklagten nicht als gegeben an. Das Führen einer Waffe setzt nach dem Waffengesetz voraus, dass die Gewalt über die Waffe außerhalb der eigenen Wohn- und Geschäftsräume ausgeübt wird. Da der Angeklagte die Waffe jedoch nur in seinen Geschäftsräumen eingesetzt hatte, lag kein Führen, sondern ein Erwerb mit tateinheitlichem Besitz der Waffe vor.
Beim Einsatz der Schusswaffe hatte das Landgericht nicht bedacht, dass sich der Angeklagte in einer Notwehrlage befand. Der Einsatz der Waffe war dem Angeklagten nicht verwehrt, weil ihm kein anderes Mittel zur Abwehr des drohenden Messerangriffs zur Verfügung stand. Damit war auch der Verstoß gegen das Waffengesetz durch die Schüsse gerechtfertigt.
Nicht gerechtfertigt war nach Ansicht des BGH allerdings der Erwerb und Besitz der Schusswaffe vor der konkreten Notwehrlage. Denn zum Zeitpunkt des Einsteckens der Waffe habe noch keine gegenwärtige Gefahr vorgelegen. Zudem sei es dem Angeklagten möglich gewesen, dem Treffen aus dem Weg zu gehen.
Der BGH hob das Urteil des Landgerichts Oldenburg aus diesen Gründen im Strafausspruch auf. Der Angeklagte kann demnach darauf hoffen, doch noch eine mildere Strafe zu bekommen.